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Nicht allein für Afghanistan:
Kooperative Vernunft muß die zynische Bedrückung brechen

„Erforderlich ist nach wie vor eine signifikante Erhöhung des investiven Anteils des Verteidigungshaushalts. [...] Die Verknüpfung von militärischer und ziviler Forschung muß zu beiderseitigem Nutzen intensiviert werden.“
Bundesverband Deutscher Industrie, „Wachstumsvorsorge treffen - Reformtempo erhöhen“, Reform-Agenda für die zweite Hälfte der Legislaturperiode, August 2007.

„Es waren die mörderischen Anschläge vom 11. September, die uns nach Afghanistan gebracht haben.“
Frank-Walter Steinmeier, Bundesaußenminister im Bundestag anläßlich der Debatte um die Verlängerung des ISAF-Mandats der Bundeswehr in Afghanistan, September 2007.

Außerordentlich diplomatisch gesagt: Der Bundesminister des Äußeren irrt gewaltig. Nicht „die Anschläge“, sondern die deutschen Großunternehmen sind die treibenden Kräfte für die Beteiligung der Bundeswehr am Überfall und der Besetzung Afghanistans seit 2001. Das hat Tradition. So einige Spezialdemokraten lassen sich zur Kriegs-Legitimation als politische Kronzeugen am Nasenring durch die Manege führen. Das hat auch Tradition. (Die Erste wäre ohne die Zweite wahrscheinlich schon länger gebrochen.)

Gegenwärtig verballert die Bundesrepublik im Jahr knapp 30 Milliarden Euro für Kriegführung und Kriegsvorbereitung (beides außer im Verteidigungsfall grundgesetzlich verboten) in der Welt. Die Verkäufer der Kriegsgüter sind zugleich bedeutsame Geschäftsinteressierte in den gewaltsam geöffneten Einflußsphären des Nahen und Mittleren Ostens. Die Beteiligung der Bundeswehr an dem Afghanistan-Einsatz ist zudem fördernder Bestandteil des mörderischen Raubzugs der Mächtigen in den USA, die nunmehr auch noch den Iran ernsthaft bedrohen.

Sechs Jahre imperialistischer Krieg sind für ein Land, das schon 2001 zu einem der Ärmsten der Welt gehörte, die vollendete Katastrophe. Von „Polizeikräften“, einer sogenannten Regierung und Opium kann niemand würdig leben. Der geschäftstüchtig geführte Krieg schafft immer neues Elend, aus dem wiederum neue grausame Verzweiflungstaten erwachsen. Angesichts dessen ist die dramatische Entwicklungshelferpose, mit der von Grün bis CSU der Krieg (selbst in diesen Parteien hat er Gegner) legitimiert wird, eine Verhöhnung der Vernunft. Die politischen Repräsentanten der Bevölkerung haben sich unter kapitalem Druck mehrheitlich von jeglicher humanen Einsicht entfernt.
Dieser Zynismus muß dringend gebrochen werden. Für den Abzug aller Truppen, nicht nur aus Afghanistan, muß und kann weiterhin gesellschaftlich gestritten werden. Dafür ist das nachdrückliche Engagement einer kritischen Öffentlichkeit hervorragend geeignet.

„Schönster Zweifel aber
Wenn die verzagten Geschwächten den Kopf heben und
An die Stärke ihrer Unterdrücker
Nicht mehr glauben!“

Bertolt Brecht, Lob des Zweifels.

Eine schöpferische demokratische Entwicklung bedarf überall eines soliden sozialen Fundaments. Die Abwesenheit von Militär ist dafür die gedeihlichste Voraussetzung. Gewalt ist immer das letzte Mittel, wenn partikulare Interessen durchgesetzt werden sollen.
Zivilisatorischer Fortschritt ist dagegen zu aller erst die Entwicklung einer kooperativen Vernunft. Die Wissenschaften können hier Entscheidendes beitragen.

Artikel 1 von 3 der Semesteranfangszeitung

Artikel 3 von 3 der Semesteranfangszeitung

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Sonntag, den 21. Oktober 2007, http://www.harte--zeiten.de/artikel_638.html