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Zum Geleit XXXV

Freiheit, zwecklich des Humanismus
oder
Wohin mit der ganzen Unruhe?

1) Jeder Ärger findet Worte


,,So übel war es in Deutschland nie,
Trotz aller Zeitbedrängnis -
Glaub mir, verhungert ist nie ein Mensch
In einem deutschen Gefängnis.“

Heinrich Heine, ,,Deutschland - Ein Wintermärchen“, Caput XXV, 1844

Die akute Lage ist wenig erfreulich. Das betrifft fast alle. Das kennen fast alle. Ein Gefängnis braucht nicht in allen Fällen Mauern oder Gitterstäbe. Auch der Freigänger kennt einen Kalender. Das größte Gefängnis aber ist, sich ohne zwingende Not den Übeln zu unterwerfen. Gar enger wird's dann, wenn diese Handlungsweise systematisch verteidigt wird.

2) Alles hat eine erkennbare Ursache


,,Zum Tier, Boden etc. kann au fond kein Herrschaftsverhältnis stattfinden durch die Aneignung, obgleich das Tier dient. Die Aneignung fremden Willens ist Voraussetzung des Herrschaftsverhältnisses. Das Willenlose also, wie Tier z.B., kann zwar dienen, aber es macht den Eigner nicht zum Herren.“
Karl Marx, ,,Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie“ (1858), MEW 42, S. 408.

Unstatthafte - statthafte auch - Bedrängungen sind menschlich gemacht. Sie ereignen sich stets zwischen Menschen, die häufig nicht wissen, was gerade so los ist. Die Nicht-Verfügung über die gemeinsamen Angelegenheiten ist das wesentliche Problem. Das wirft man sich dann gegenseitig vor. Hier sei hellere Beleuchtung angebracht.

3) Demokratie wär' doch schon mal was


,,Politiker, zumal die von Großmächten, werfen den Vereinten Nationen gerne vor, sie seien nichts als ein Debattierclub. Bei Leuten, die gewohnt sind, sich kraft schieren Einflusses durchzusetzen, ruft eine solche Struktur zwangsläufig Unzufriedenheit hervor. Doch wer die riesige UN-Familie einzig an der Elle der Debatten misst, beurteilt ein Geschäft nach dem Schaufenster, ohne je den Fuß ins Innere gesetzt zu haben. Denn dort findet das eigentliche Herz der Vereinten Nationen -die Sonderorganisationen, die sich um Gesundheit, Kinder, Flüchtlinge und Vernachlässigten kümmern. Ohne die Vereinten Nationen überschritten Chaos, Vernachlässigung und Unwissenheit jedes menschliche Maß.“
Sir Peter Ustinov, ,,Von Pferde- und Menschenliebe“, 1995.

Demokratische Prozesse zur Meinungs-, Positions- und handlungsrelevanten Willensbildung sind aufwendig. Sie sind aber unhintergehbar wegen der Relevanz und Reichweite der zu treffenden Entscheidungen. Diese haben genuin menschliche Bedeutung. Fahrlässigkeit kann töten. Sorgfalt ermöglicht die Überschreitung jeglichen Mangels.

4) Die Allgemeinheit individueller Verantwortung


,,Wir haben versucht, einzusehen, was Demokratie ist: sie ist der menschliche Ausgleich zwischen einem logischen Gegensatz, die Versöhnung von Freiheit und Gleichheit, der individuellen Werte und der Anforderungen der Gesellschaft. Dieser Ausgleich aber ist niemals vollendet und endgültig erreicht, er bleibt eine immer aufs neue zu lösende Aufgabe der Humanität; und wir fühlen, daß heute in der Verbindung von Freiheit und Gleichheit das Schwergewicht sich nach der Seite der Gleichheit und der ökonomischen Gerechtigkeit, vom Individuellen also nach der Seite des Sozialen verlagert.“
Thomas Mann, ,,Das Problem der Freiheit“, 1939.

Die globale Alternative, die für Alle Gewicht hat, bekommt immer schärfere Konturen: Zivilisatorischer Fortschritt oder Zunahme des Krieges.
Bei allem bleibt die Frage: Wann befindet der Mensch - als bewußt soziales und kulturelles Wesen - wirklich über sich selbst.
Die Simulationsversuche im Verhalten zu dieser Aufgabe sollten hinkünftig im Museum für Performances zu besichtigen sein.
Das ist auch eine wissenschaftliche Aufgabe.

Golnar Sepehrnia, Olaf Walter
Hamburg, den 3. Juli 2007

Flugblatt: Darüber reden - Vernünftigeres als Mangel und Angst wird sich herbeiführen lassen

Veröffentlicht am Dienstag, den 3. Juli 2007, http://www.harte--zeiten.de/dokument_617.html