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Kanzlerin Gnadenlos: "Strukturelle Schnitte"

"»Warum sind für Sie die weichen Faktoren so wichtig?«
»Weil Märkte ohne Werte nicht funktionieren. Deshalb ist es gut, wenn Skandale aufgedeckt werden. Es belegt die Relevanz weicher Faktoren.«"

Burkhard Schwenker, Chef der Unternehmensberatung "Roland Berger", im Interview mit der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 24. Juni 2007.

"Natürlich ist die Katze ein Tier wie andre auch. Und sie ist stärker als die Maus, und das hat sie ausgenutzt weit über die Nahrungsaufnahme hinaus. Sie hatte die Kraft. Und die Maus litt.
Und dieser Schnitt klafft durch alles, dieser Riß spaltet alles - da gibt es keine Brücke. Immer werden sich die zwei gegenüberstehen: die Katze und die Maus."

Kurt Tucholsky, "Die Katze spielt mit der Maus." 1916.

Laut "Roland Berger" sind Werte also wesentlich dazu da, daß die Märkte funktionieren - Märkte wie Menschen.
Die Universitätskanzlerin Frau Vernau ist Unternehmensberaterin aus dem Hause Berger und zudem geübte Sparkommissarin aus Ulm. Nach Selbstauskunft sei sie "Realo", was bedeutet, "die trügerische Hoffnung auf mehr Finanzmittel aufzugeben", um endlich mit "klaren strukturellen Einschnitten" die Unterfinanzierung der Universität zu vertiefen. Hier ist sachtes Erschauern angebracht, denn entsprechend dieser Maxime sollen alle Fakultäten weitere 15 bis 18 Prozent ihrer Personalmittel preisgeben. Die Kanzlerin bewies so jüngst im Akademischen Senat drägergemäße neoliberale Gläubigkeit: Nicht der gesellschaftliche (menschliche, kulturelle, wissenschaftliche, zivile, soziale, ...) Bedarf soll die Universitätsentwicklung leiten - Nein! Alles Weicheierkram. Anstelle humanistischer Produktivität gelte nur zahlenwerte Leistung. Im O-Ton: "Wir müssen beweisen, daß wir etwas wert sind."
Wer richtet da? Was sich nicht rechnet, darf nicht bleiben.
Technokratisch und kalt soll nur noch die Höhe des Verkaufspreises, die Akzeptanz in einer anonymen Verwertungsgesellschaft, die Menge an kaufbarem Wissen, die Kaufkraft der Lernwilligen, die Intensität der Benutzbarkeit, die Absolventenzahl, der geübte Gehorsam gegenüber (künftigen oder gegenwärtigen) Vorgesetzten entscheiden. Das darf dann auch "soziale Kompetenz", "Teamfähigkeit", "Vertrauen" oder "allgemeine Bildung" genannt werden.
Vernünftige soziale Voraussetzungen und Wirkungen der Bildung, Wahrhaftigkeit, allgemeine Nützlichkeit, rationale Verständigung und kultivierte Zusammenarbeit sowie produktive Muße sind in diesem System privatökonomischer Verwertungshierarchie nicht gewollt. Dieses rohe Regime geht der Universität institutionell genauso an die Substanz wie es gnadenlos ihren Mitgliedern persönlichen Schaden zufügt. Deshalb ist hier ein klares Nein geboten. (Im Akademischen Senat war in diesem Sinne zunächst nur "die Öffentlichkeit" zu vernehmen.)
An die Stelle von "Leistung", "Konkurrenz" und den Aberglaube an unveränderliche "Realitäten" (money, money, money...) sollten wir deshalb im positiven Kontra allgemein nützliche wissenschaftliche Kooperation, kritisches Engagement, internationale Solidarität, zivilen Fortschritt, demokratische Partizipation, vernünftige Problemlösung und persönliche Entfaltung setzten. Dies entspricht auch dem Leitbild der Universität.
Der solidarische Kampf für Gebührenfreiheit ist auch weiterhin für diese Richtung entscheidend. Erfreulich bleibt deshalb, daß der Akademische Senat sich unserer Initiative anschloß und den umseitig dokumentierten Beschluß gegen Studiengebühren und gebührenbedingte Zwangsexmatrikulationen faßte.
Entsprechendes Engagement sollte für den kooperativen Zusammenhang der Universität und für ihre verantwortliche Weiterentwicklung auch in den wenig demokratischen Fakultäten zukünftig gestärkt repräsentiert sein. Deshalb rufen wir auf zur Briefwahl zu den Fakultätsräten:

Wahlaufruf zu den Fakultätsräten

Beschluß des Akademischen Senats vom 21.06.2007 gegen Studiengebühren und Exmatrikulationen

V.i.S.d.P.: Olaf Walther & Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
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Veröffentlicht am Montag, den 2. Juli 2007, http://www.harte--zeiten.de/artikel_599.html