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Welche Bedeutung hat der Akademische Senat?
,,Sie stellen ehrenamtliches Engagement als so negativ dar. Wir haben Anwälte von hoch dekorierten Kanzleien, die Lehraufträge umsonst machen, weil sie das Gefühl haben, ihr Wissen auch weiter geben zu wollen und denen es halt nicht auf den Vergütungssatz von 40 Euro die Stunde ankommt, sondern die sagen: Ich habe einen guten Job, ich mach das. Und es gibt andere, die zu ihrer eigenen wissenschaftlichen Weiterbildung anstreben, Lehraufträge zu geben, um später mal eine Ehrenprofessur zu bekommen oder ähnliches. Auch das haben wir. Ich empfinde nichts Negatives grundsätzlich am engagierten Ehrenamt.“
Jörg Dräger, befragt zu den 1 Euro-Jobs und der hohen Zahl unbesoldeter Lehraufträge an der Uni in der ARD-Sendung ,,Monitor“, 1.3.2007.
Auch der Wissenschaftssenator hat die Theorie, daß der Arbeiter für seine Arbeit einen Lohn erhält, fallen gelassen. Der Mensch - die Kunst, die Wissenschaft, das Engagement - diene (am besten unentgeltlich) der geschäftsmäßigen Verwertung. Diese programmatische Pervertierung vernünftiger Absichten und Tätigkeiten wirkt rundum dekultivierend. Ein politischer Richtungswechsel in Stadt und Universität ist vonnöten. Spezielle Verantwortung dafür hat auch der Akademische Senat (AS), das höchste Gremium der Akademischen Selbstverwaltung der Universität (10 Professoren, 3 Wissenschaftliche Mitarbeiter, 3 Kollegen vom Technischen- und Verwaltungspersonal, 3 Studierende). Er ist ein politisches Gremium: Soll die Folgsamkeit gegenüber der neoliberaler Ideologie und Politik dominieren? Oder wirkt der AS souverän nach innen und außen für die vernünftige Entwicklung der Universität und ihrer Mitglieder? In dieser Kontroverse müssen sich alle entscheiden.
Soweit durch kritische Initiativen und Aktionen engagierter Studierender vertreten, orientiert eine gesellschaftskritische und hochschulpolitisch rationale Perspektive die Arbeit des AS. Erarbeitet wurden so vernünftige Positionierungen zum Lernen aus der wechselvollen Unigeschichte (z.B. Gedenkaufrufe anläßlich der Jahrestage der Bücherverbrennung und der Reichspogromnacht) und für das Engagement für Frieden und Friedensforschung (z.B. durch Resolutionen gegen den Irak-Krieg, die Verteidigung des ,,Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik“). Auch Beschlüsse und Äußerungen gegen Studiengebühren, für mehr Partizipation statt Management, für den Erhalt der kleinen Fächer und der universitären Einheit konnten erwirkt werden.
Dagegen hat Jörg Dräger zur Durchsetzung des tumben Kommerzes dem Akademischen Senat 2003 Beschluß- und Wahlrechte gesetzlich entziehen lassen und einen wirtschaftsnahen Hochschulrat oktroyiert. Unter diese Vorgabe beugen sich viele Mitglieder des Gremiums, sie halten Defensivität für Stärke.
Der AS muß sich im Kontra zur Senatspolitik der Krise der Universität stellen, also die desaströse Einführung von BA/MA und STiNE stark modifizieren, fortgesetzt für Gebührenfreiheit eintreten, schädlichen Entwicklungen der Wissenschaften entgegenwirken (Rüstungsforschung, ,,Gentech“, Kernenergieforschung etc.), gesellschaftspolitische Lösungsansätze zur Überwindung der Unterfinanzierung erarbeiten sowie ein bewußte Verhältnis zur eigenen wechselvollen Geschichte entwickeln - und all dies öffentlich vertreten.
Die souveräne Entwicklung der Universität gelingt nur in aufgeklärt-demokratischer Kooperation aller politischen Fraktionen und Mitgliedergruppen und in Gegnerschaft zur amtlichen Zerstörungspolitik. Opposition ist die Aufgabe aller, weil sie der zu verbessernden Lage aller entspricht. Der Akademische Senat hat auf diese Weise die Bedeutung, die wir ihm geben.
,,Schönster aller Zweifel aber,
Wenn die verzagten Geschwächten den Kopf heben und
An die Stärke ihrer Unterdrücker
Nicht mehr glauben!“
Bertolt Brecht, ,,Lob des Zweifels“, Gedichte 1935-1939.
Jörg Dräger wünschen wir einen gut gefühlten Verbleib in einem engagierten Ehrenamt.