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Welche Vernunft ist eigentlich menschlich?

,,Er sei ein Leichenveredler, sein Plastinarium ein postmortaler Schönheitssalon, eine Art Verlängerung der Wellnessbewegung über den Tod hinaus, sagt von Hagens. ‘Ich bahne den Weg des Körpers in die Ewigkeit.'“
Frankfurter Allgemeine Zeitung, ,,Plastinator, berauscht“,17. November 2006, S.9.

,,Die Philosophie als Führerin des Lebens, das heißt auch: das Leben als Richtpunkt und Leitstern der Philosophie. Die jüngst noch modische Verherrlichung des ,,Lebens“ auf Kosten des Geistes war eine Narrheit; und keine Geringere ist der sterile und lieblose Selbstgenuß des Geistes auf Kosten des Lebens. Totalitäre Politik ist eine schmutzige Teufelei. Die wahre Totalität, die wir ihr entgegenstellen, ist die des Menschen.“
Thomas Mann, ,,Denken und Leben“, 1941.

Gunter von Hagens, der ,,Plastinator“ der ,,Körperwelten“, macht Geschäfte mit dem Tod. In dieser Tätigkeit ist er nicht der Einzige, aber einer der Schauerlichsten.

Indem er vermeintlich das Leben über den Tod hinaus führt, entwertet er es. Diese Verwertung tötet also Leben.

Sein ruhmsüchtiger Handel mit präparierten Leichen(-teilen) ist eine deutliche Absage an alle Humanität der Menschheitsgeschichte. Er nennt eine ,,Demokratisierung der Anatomie“ was der Versuch der Popularisierung von Zynismus ist. Diese Entwertung aufgeklärter Philosophie wird auch noch scheinwissenschaftlich bemäntelt.

Dem ,,Plastinator“ gilt Hemmungslosigkeit als Freiheit. Da sind wir mitten im heute, hier und jetzt.

Wenn infolge der ökonomischen Machtpolitik eines anmaßenden Klüngels aus staatlicher Administration und Ölindustrie im Irak 650 000 Menschen ihr Leben verlieren, wenn der Versicherungskonzern Allianz trotz und für einen erwarteten Jahresgewinn von 6,5 Milliarden Euro Tausende entläßt, wenn Bildung, Kultur und Gesundheit Gegenstände des forcierten Kommerz werden, wenn...

Wenn im geschäftsmäßigen Alltag der Mensch nur ein entwürdigtes Objekt der Gewinnsteigerung ist - ist dann das technische Funktionieren oder die gleichgültige Abwendung von den Mitmenschen vernünftig?

Wohl kaum. Was einem in dieser Weise schadet, schadet allen. Vernunft, die ihren Namen verdient, ist oppositionell zur Inhumanität. Die gesteigerten Zumutungen dieser Zeit sollten vermehrt kritisch durchleuchtet und dadurch nicht hingenommen werden. Die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft ist nicht ,,Schicksal“, sondern für alle förderlich gestaltbar. Leben!

Sinnvoll arbeitend, lernend, kooperativ, nützlich, humorvoll ist der Mensch dem Menschen freundlich. Solidarisch hat jeder positive Geltung. Von oberflächlichen Wertigkeitsmerkmalen der prinzipiellen Ungleichheit kann getrost Abstand genommen werden.

Unzufriedenheit sollte deshalb als Ausgangspunkt zur kritischen Verständigung und gemeinsamen Engagement gelten. Die Totalität des Marktes erfordert die gebildete Widerständigkeit aller Kräfte der Vernunft.

Die Alternative zur individuellen wie gesellschaftlichen Kommerzialität ist der gemeinsame Kampf für die Verwirklichung sozialer, kultureller und demokratischer Veränderungen. So entsteht auch Klarheit.

Das Leben ist von höchster Bedeutung.

Damit ist alles wichtig im Leben.

So hat die Vernunft eine ansehnliche Gestalt.

Sitzung des Akademischen Senats am 23.11.2006

Antrag zu "STiNE" an den Akademischen Senat

Geleit XXVII zur Sitzung des Akademischen Senats

V.i.S.d.P.: Olaf Walther & Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
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Veröffentlicht am Montag, den 20. November 2006, http://www.harte--zeiten.de/artikel_506.html