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Wozu studieren?

Oder: Einfache Fragen bedürfen einer sorgfältigen Antwort

,,Überzeugung (neuer Sinn des Wortes)
Um von Volksherrschaft zu reden, muß man dem Wort Überzeugung einen neuen Sinn verleihen. Es muß bedeuten: Das Überzeugen der Menschen. Volksherrschaft bedeutet Herrschaft der Argumente.“

Bertolt Brecht, ,,Me-ti/Buch der Wendungen“.

In der umfangreichen menschlichen Lebenswelt existieren gewisse Gegensätze.

An den Hamburger Hochschulen haben sich zu diesem Semester erheblich mehr Menschen zum Studium beworben als bisher. Unter dem Strich sind aber weniger Anmeldungen zum Studium, d.h. weniger neu beginnende Studierende zu verzeichnen, weil die Studienplatzvergabe dezentralisiert worden ist und viele sich an mehreren Hochschulen gleichzeitig beworben haben. Der freie Markt frißt seine Kinder.

Mit dem Studium dann doch begonnen, wird mensch breit mit der Forderung nach Gehorsam konfrontiert - was in sehr vielen studentischen Orientierungseinheiten vernünftigerweise anders ist -, anstatt in der eigenen Begeisterung für ein bestimmtes Studienfach, für den Erkenntnisgewinn, für gemeinsames Lernen, dafür, der Welt und den Mitmenschen wissend nützlich zu sein, befördert und ermuntert zu werden. Die Begeisterung und ihre Gründe bleiben dennoch richtig. Keine Vernunft für andere Menschen, die Erkenntnisse und (gemeinsame) Handlungsmöglichkeiten erweitert, kann falsch sein. Diese Verstandesleistung bedarf der Entwicklung, Pflege und Allgemeingültigkeit. Die Universität ist eine Stätte, wo diese Vernunft entstehen sollte.

Die Tapferkeit gegen den Krieg erfordert viel mehr Mumm, Engagement und Standhaftigkeit als die Prügelei im Wirtshaus, das Metzeln auf den Schlachtfeldern und das geschwollene Imponiergehabe (beiderlei Geschlechts) im Freizeitclub, in den Seminaren oder an irgendeinem Arbeitsplatz. Die vermeintlich Mutigen leben in ständiger Angst davor, daß sie auffliegen oder daß es ihnen gewaltig an den Kragen geht.

Die eigentliche Tapferkeit - die persönliche Courage zur entschiedenen allgemeinen Fairneß - bedarf der steten Neugier, die der beste Lernbeweger ist. Neugier bedeutet nicht zuletzt, nach den Ursachen sowie Verantwortlichen der Übel und Einschränkungen zu suchen, das Gebot des Gehorsams zu brechen, die Bedingungen zu ändern und sich zu diesem größeren Anliegen mit anderen zu verständigen und zu verbünden. Das Reden darüber gehört zu den spannenderen Kommunikationen.

Die lebendigsten Fragen sind die Grundfragen. Welche Gesellschaft ist dem Menschen angemessen? Ist die Universität ein Ort der Freude? Woraufhin lernen wir?

Nun: Wer sich wachen Geistes eine Frage mehrmals vorlegt, kann in der Antwort jeweils besser werden.

,,Auch gut! Philosophie hat eure Gefühle geläutert,
Und vor dem heiteren Humor fliehet der schwarze Affekt.“

Friedrich Schiller, ,,Xenien“, Musen-Almanach 1779.

Zum Geleit XV

Sitzung des Akademischen Senats

V.i.S.d.P.: Olaf Walther & Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
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Veröffentlicht am Montag, den 10. Oktober 2005, http://www.harte--zeiten.de/artikel_345.html