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Privates Glück für alle?
Bildung ist und bleibt öffentliche Aufgabe; der Staat soll weiterhin Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung ermöglichen. Eine richtige Forderung - verkommen zum Lippenbekenntnis eigentlich aller Bildungspolitiker - das nach realpolitischer Interpretation verlangt.
Da ist bemerkenswert, von Hamburgs grüner Wissenschaftssenatorin Krista Sager zu hören, daß etwa Chancengleichheit nicht dadurch in Frage gestellt wird, daß Betuchte sich neben den ,,ausgezeichneten Studienbedingungen" zusätzliche Angebote kaufen, denn: ,,so ist das eben - daß einige mehr haben."
Und weil das eben so ist, steht gerade in Hamburg derzeit die ,,Abrundung des Hochschulangebotes" (K. Sager) durch private gebührenpflichtige Studiengänge auf der Tagesordnung. Eine Entwicklung, die für uns alle gravierende Folgen haben wird, und bei der mit dem Segen der grünen Hochschulpolitikerin der Uni Hamburg eine Vorreiterrolle bei der Teilprivatisierung von Hochschulbildung zukommt.
Beispielsweise durch die Einrichtung des ,,International Center for Graduate Studies" (ICGS), einer privaten Sektion der Uni für zahlungskräftige ausländische Studierende (Studienbühren von DM 1.300,- pro Monat>, die der Kontrolle der Universitätsgremien entzogen ist, und über deren genaue Finanzierungsmodalitäten Uni-Präsident Lüthje sich in Stillschweigen hüllt. Die Teilnehmer des ICGS erfreuen sich einer Individualbetreuung durch dasselbe Lehrpersonal, das unsereins kaum zu Sehen bekommt und sollen interdisziplinäre Studiengänge wahrnehmen können, die dem gebührenfreien Fußvolk leider verschlossen bleiben. Die explizit von Lüthje formulierte Funktion ist u.a. , für die allgemeine Erhebung von Studiengebühren die Akzeptanz zu testen.
Da ist die Planung einer ,,Private-Law-School" in der gegen schlappe DM 50.000,- ein erlauchter Kreis in verbindlichen 3 1/3 Jahren zu ,,Elite"-Juristen im Sinne von ,,Praxis-Anforderungen" der Wirtschaft getrimmt werden soll.
Privat finanziert und damit von Partikular-Interessen dominiert sollen hier für eine Studienreform Fakten geschaffen werden: ,,Private-High" als eleganter Vorturner für die ,,schwerfällige Massenuniversität" . Wenn erst aus der Privatwirtschaft positive Rückmeldungen kommen, sind alle anderen Ausbildungsgänge unter Zugzwang, das eigene wissenschaftliche Profil anzupassen. Es geht schließlich um die Marktchancen der Absolventen. Das damit die demokratische Bestimmung über Wissenschaftsinhalte verlorengeht, stört allerdings die grüne Wissenschaftssenatorin nicht:
Entscheidend ist für sie, daß die ,,law-school" die Stadt nichts kostet. Da ist der Rückzug des Staates aus der Hochschulfinanzierung, verbrämt mit Lobliedern auf das private Mäzenatentum (Ein Klappstuhl im Audimax, Flügelbauten, sog. Stiftungsprofessuren). Denn Geld stinkt nicht und an der Uni sei es doch gut investiert. Doch für wen?
Es ist einfach naiv, die Abhängigkeit der Uni von privaten Geldgebern für richtig zu befinden und sich mit der Floskel: ,,Aber die Uni muß auch nein sagen können, vor den Konsequenzen zu verkrümeln. Eine unterfinanzierte Uni kann eben nicht so einfach ,,Nein" sagen, wenn ihr ein Lehrstuhl von privater Hand finanziert werden soll - egal ob der Lehrstuhl nun zum wissenschaftlichen Profil der Uni oder doch eher zum Unternehmensprofil des Geldgebers paßt. Und es versteht sich, daß eine von Privatkapital abhängige Uni prinzipiell einen pfleglicheren Umgang dem Lager potentieller Geldgeber üben muß. Darum brauchen wir eine bedarfsdeckende staatliche Hochschulfinanzierung.
Wer will, daß Studierende als mündige Mitglieder einer demokratischen Hochschule unabhängig vom Geldbeutel studieren und wissenschaftlich arbeiten können, kann es nicht gleichgültig finden, woher denn das Geld kommt, kann nicht damit leben, daß durch ihre soziale Herkunft privilegierte sich ihre Ausbildung durch kostenpflichtige Zusatzangebote anreichern, daß die Modernisierung der Uni darin besteht, demokratische Entscheidungsprozesse nicht etwa zu straffen sondern abzuschaffen.
In diesem Sinne stehen wir der Politik des Uni-Präsidenten kritisch gegenüber, ebenso wie der Politik einer Krista Sager. Gemeinsam mit denen, die unsere Kritik teilen, wirken wir in den Gremien der Akademischen Selbstverwaltung gegen die Verschlechterung der Studienbedingungen, die zunehmende (nun auch von der Uni-Verwaltung betriebene) soziale Selektion, die Kapitulation vor dem Diktat der leeren Staatskassen mitsamt Katzbuckelei vor vollen Privatkassen. In diesem Sinn wollen wir auch die Arbeit des nächsten SP wieder politischer gestalten.