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Gefahr im Verzuge?

,,Wenn die Eigeninteressen der heutigen Generationen die Zukunft und die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes gefährden, dann unterminiert das systematisch auch die Verpflichtung zur Langfristigkeit, der die Politik gerecht werden muß. [...]
Nicht die Kritik an politischen Entscheidungen ist das Problem, die darf und muß sein. Es sind die Instrumente der Kritikäußerung, die zunehmend im Widerspruch zu den Regeln der Demokratie stehen. [...]
Es geht um nicht weniger als um unsere repräsentative Demokratie und den Rechtsstaat.“

Christoph Ahlhaus, Stuttgart 21 und Gorleben sind Weckrufe, Hamburger Abendblatt, 13.11.2010.

,,Vertrauet Eurem Magistrat,
Der fromm und liebend schützt den Staat
Durch huldreich hochwohlweises Walten;
Euch ziemt es, stets das Maul zu halten.“

Aus: Heinrich Heine. ,,Erinnerungen aus Krähwinkels Schreckenstagen“, 1853-1856.

Wie der Erste Bürgermeister die deutsche Geschichte begreift: ,,Wir“ (die Deutschen) hatten nach der unverschuldeten ,,doppelten Katastrophe der Weltkriege“ (sic!) vorerst die Schnauze voll von Weltpolitik, konnten uns im Schatten des großen Bruders USA erholen, bekamen Wirtschaftswunder und Sozialklimbim und mußten weder weltweit Verantwortung übernehmen (Krieg) noch sozial verzichten. Dies seien ,,behagliche“ Zeiten gewesen. Vorbei ...

Der Mann mit dem geschlossen reaktionären Weltbild schreibt dies, weil er Muffensausen hat. CDU-Staat ist Unternehmerstaat. Selten war das deutlicher als in Tagen der Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke, der springenden Krankenkassenbeiträge und flächendeckenden Kürzungsdekrete. Polizeiorchester und Reiterstaffel statt Jugendpsychologischer Dienst und Drogensubstitutionsprogramme ist eine hamburger Konkretion dieses regierenden Zynismus. Dem gilt wachsender gesellschaftlicher Unmut. Ahlhaus hält das für staatsgefährdend. Mit dieser fatalen Systematik, der zufolge das Wohl vermeintlich Einzelner minder wert sei, als der angebliche Gemeinnutz (,,Wettbewerbsfähigkeit“), kann man auch Diktaturen begründen.

Demgegenüber wachsen gesellschaftlich die Ambitionen, das allgemeine Wohl - Frieden, Bildung, Kultur, humane Arbeit für Alle sowie ökologisch verantwortliche Industrie - durch solidarisches Eingreifen in gesellschaftliche Entwicklungsentscheidungen zu verwirklichen. Proteste und Bewegungen hierfür gedeihen aller Orten und können zu einer strategischen Kooperation entwickelt werden. Nicht zuletzt die bundesweiten studentischen Aktivitäten der vergangenen Jahre, mit denen erreicht wurde, daß in den meisten Bundesländern keine Studiengebühren erhoben werden und sie in Hessen, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen abgeschafft wurden bzw. werden, sind dafür vorbildlich. Denn hier wird im Bewußtsein gemeinsamer gesamtgesellschaftlicher Verantwortung für die Befreiung von der Verwertungsdogmatik neoliberaler Politik solidarisch gekämpft. Dieses Vorgehen ist unbedingt verallgemeinerbar. Die Überwindung von Ungleichheit, Konkurrenz und (ökonomischer) Gewalt ist die notwendige Bestimmung menschenwürdigen Lebens. Darüber hinaus:

,,Freiheit, Güte, Gerechtigkeit, Geschmack und Großzügigkeit sind Produktionsfragen, sagte Me-ti zuversichtlich.“
Bertolt Brecht, Me-ti: Buch der Wendungen.

Wer sich aufrichtet, streift Belastendes ab.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 15. November 2010, http://www.harte--zeiten.de/artikel_993.html