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Neues Hochschulgesetz rollt an
Die Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes (HmbHG) ist in der Entscheidungsphase: Am Donnerstag, den 26.04., findet die Anhörung des Wissenschaftsausschusses der Bürgerschaft statt. Obwohl auf Grund starker Kritik von linken Studierenden, Gewerkschaften und einiger Professoren Verbesserungen am Gesetzentwurf vorgenommen wurden, ist der entscheidende Schritt zu einer echten Reform nicht getan: Immer noch steht im Mittelpunkt der Abbau demokratischer Rechte - die Hochschulen sollen für eine weitere Wirtschaftsorientierung geschmeidig gemacht werden.
Der Gesetzentwurf, der im März im Senat beschlossen wurde, entspricht weitgehend der Vorlage aus der Behörde der grünen Wissenschaftssenatorin Krista Sager. Der Entwurf zielt ab auf die Stärkung der Hochschulleitungen und verbindet diese mit dem Abbau demokratischer Mitbestimmungsmöglichkeiten aller Unimitglieder über Inhalt und Organisation von Forschung und Lehre. Gleichzeitig soll die Abkopplung der Hochschulen von demokratisch legitimierter staatlicher Einflußnahme und Öffnung gegenüber den Verwertungsinteressen der Wirtschaft verwirklicht werden.
Grüne
Bildung und Wissenschaft aus staatlicher Verantwortung schrittweise zu entlassen, deren inhaltliche Bestimmung zunehmend finanzkräftigen Sponsoren anheimzustellen und die innere Struktur der Hochschulen zu einer Unternehmensleitung umbauen zu wollen, sind bildungspolitische Schlußfolgerungen der neoliberalen Politik von Sager. Durch Phrasen von "Autonomie" und "Transparenz" gefärbt vollzieht sie in Hamburg die Abwendung der Grünen von humanistischen Grundsätzen und die Etablierung in diesen Verhältnissen.
Auch die Grüne Hochschulgruppe hat den Kurs ihrer Wissenschaftssenatorin nicht hart kritisiert. Statt als AStA-tragende Kraft die Möglichkeiten organisierter studentischer Interessenvertretung dafür zu nutzen, durch öffentliche Diskussionen, Proteste, Pressearbeit etc. die Kritik an der neuen Hochschulgesetzgebung in die Stadt zu tragen und so für eine echte Reform zu wirken, waren Parties dringender zu organisieren. Kritiker der grünen Wissenschaftspolitik wie die Fachschaftsrätekonferenz wurden kurzerhand aus dem AStA geschmissen.
Verbesserungen erkämpft
Jedoch war es auch ohne AStA-Ressourcen möglich, Verbesserungen am Gesetzentwurf durchzusetzen. So konnten wir mit anderen linken Studierenden, Personalvertretungen und fortschrittlichen Professoren bewirken, daß nicht nur der Präsident - wie vorgesehen - Vizepräsidenten zur Wahl vorschlagen kann, sondern auch der Hochschulsenat. Im Referentenentwurf zur Disposition gestellte Mitbestimmungsgremien und Ausschüsse werden in der Senatsvorlage wieder erwähnt. Die Existenz von Fachschaftsräten, die als gewählte studentische Interessenvertretung an der Basis agieren sollen, sollten den wechselnden Mehrheiten im Studierendenparlament anheimgestellt sein - jetzt bleiben sie in bisheriger Form erhalten. Auch die Verschärfung der Regelung zur Zwangsexmatrikulation hat sich verhindern lassen ...
Hochschulen für eine humanere Gesellschaft!
Doch trotz dieser Erfolge handelt es sich keineswegs nun um eine positive Reform des HmbHGs, die der Bedeutung der Hochschulen gerecht würde. Beispielhaft seien hier einige notwendige Veränderungen genannt:
Das begrenzte Verbot von Studiengebühren, das als Ergebnis umfassender studentischer Aktivitäten für die soziale Öffnung des Hochschulzugangs in Hamburg, in der Vorlage enthalten ist, muß auch auf alle Aufbaustudiengänge ausgeweitet werden. Gerade jetzt wird immer öfter die Notwendigkeit betont, wissenschaftliche Weiterbildung in allen Lebensphasen zu ermöglichen. Da diese nun also für viele Arbeitnehmer unerläßlich sein wird, müssen alle gleichberechtigt die Möglichkeit auf Weiterbildung wahrnehmen können. Die Möglichkeit der Entgeld-Erhebung für die Nutzung von Hochschuleinrichtungen (Bibliotheken, Computer-Pools, Verwaltungsleistung etc.) darf ebenfalls nicht weiter bestehen.
Die Möglichkeiten der Verfaßten Studierendenschaft (VS) in aktuelle politische Auseinandersetzungen einzugreifen müssen gefestigt und erweitert werden. Dafür ist die Einführung des sog. allgemeinpolitischen Mandats der VS von Nöten: Weil Bildung und Wissenschaft an den Hochschulen entscheidenden Einfluß auf die gesellschaftliche Entwicklung nehmen und zu dieser im Sinne allgemein menschlicher Nützlichkeit beitragen sollen, aber auch weil die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen maßgeblich auf die Entscheidung über Finanzierung und Zielstellung in Forschung und Lehre einwirken, müssen Hochschulmitglieder auch als solche organisiert in aktuelle politische Auseinandersetzungen eingreifen können. Dafür muß das Verbot für die VS und ihre Gremien (AStA, FSR ...), sich ohne Hochschulbezug zu äußern, abgeschafft werden.
Damit die demokratische Legitimation der Aufgabenbestimmung für Lehre und Forschung und die Verfügung der einzelnen über den Gegenstand ihrer Tätigkeit zunimmt, sind die Beteiligungsrechte aller Hochschulmitglieder auszubauen. Anzustreben ist die gleiche Repräsentation aller Statusgruppen (Profs, Wissenschaftl. Mitarbeiter, Technisches- und Verwaltungspersonal, Studierende) in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung (statt Professorenmehrheit). Durch Einrichtung, Erhalt und Ausbau dezentraler Gremien in Fachbereichen und Instituten o.ä. ist die wissenschaftsnahe, demokratische und transparente Lenkung des Wissenschaftsprozesses zu ermöglichen. Die Entscheidungskompetenzen, die allein bei PräsidentInnen oder DekanInnen liegen, sind wieder den gewählten Gremien zu überantworten.
Die im Gesetzentwurf angestrebte Stärkung der Stellung des Präsidenten oder des Präsidiums durch Auswahlrecht bei den Vizepräsidenten, neunjährige Amtszeit, Richtlinienkompetenz und weitreichende Entscheidungskompetenzen wirkt beinahe autokratisch. Statt dessen sollten die Hochschulen sich durch PräsidentInnen geleitet sehen, die an Beschlüsse der Gremien der Hochschulen gebunden sind, diese insofern tatsächlich repräsentieren. Das Präsidium sollte ausschließlich aus wissenschaftlich Tätigen aller Statusgruppen bestehen, die auf Vorschlag jeder Statusgruppe gewählt werden. Damit würde vermieden, daß die Leitung einer Hochschule durch Besetzung mit Externen der angestrebten Einflußnahme der Wirtschaft und damit der zunehmenden Profitorientierung der Wissenschaften preisgegeben werden.
Daß die Kritik an der angestrebten Novelle des HmbHG nicht verstummt, kann am Donnerstag,den 26.04., durch Anwesenheit bei der Anhörung, aber auch durch die eigene Beteiligung in der Verfaßten Studierendenschaft, in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung und durch Eingreifen in die beginnende Diskussion um die Grundordnung der Universität deutlich gemacht werden. Dann läßt sich nicht nur eine Abwehr der Entdemokratisierung, sondern eine Verbesserung des bisherigen erreichen.