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Der Aufschwung
,,Die Erde hat ein freundliches Gesicht,
so groß, daß man's von weitem nur erfaßt.
Komm, sage mir, was du für Sorgen hast.
Reich willst Du werden? - Warum bist Du's dann nicht?“
Joachim Ringelnatz, aus: ,,Allerdings“, Gedichte 1928.
,,Aus dem kleinen Jobwunder ist längst ein ausgewachsenes Wachstumswunder geworden“, jubiliert Bundeswirtschaftsminister Brüderle (FDP), um noch einmal die liberale Urlüge zu verbreiten, daß gesellschaftlicher Fortschritt ohne solidarische Kämpfe möglich wäre. Weil das Wachstum nur für die Reichsten organisiert wird, ist die Bundesregierung kontinuierlich im Abschwung: Schwarz-Gelb erhält in allen Umfragen weniger als 40 Prozent Zustimmung, die FDP schrammt an der 5-Prozent-Hürde entlang.
Die Unzufriedenheit hat soziale Grundlagen. In der Bundesrepublik sind seit 1990 die Reallöhne um 50 Prozent gedrückt worden (Der SPIEGEL 2/2010). Die Bundesregierung frohlockt zwar, daß die Erwerbslosenzahl unter 3 Millionen Menschen sinken werde, aber real sind über 9 Millionen Menschen auf Arbeitssuche, denn (Teil-)Zeitarbeit, geringfügige Beschäftigung (und Entlohnung) und unregistrierte Erwerbslosigkeit sind ein Massenphänomen. Schmale Lohnerhöhungen werden infolge des neoliberalen Kommerz- und Privatisierungskommandos von explodierenden Heiz- und Wohnungskosten, wachsender ,,Eigenbeteiligung“ bei der Krankenversicherung, steigenden Mobilitätskosten und höheren Gebühren für öffentliche Einrichtungen aufgefressen. Derweil sich die Atomindustrie durch verlängerte Laufzeiten über erhebliche Extraprofite freut und der Daimler-Chef einen 6 Mrd. Euro Gewinn für 2010 ankündigt sinkt der Lebensstandard, weil die Lasten der Weltwirtschaftskrise durch Lohndruck, Preisanstieg, Sozialraub und Kulturzerstörung auf die
Bevölkerung abgewälzt werden.
Daß man für ein auskömmliches Einkommen vereinzelt erheblich wirbeln soll und es so nie wirklich besser wird, ist also weder Einbildung noch ein individuelles Problem. Die Regierungen in Bund und Ländern befürchten darum zurecht, daß sozial progressive Organisationen ihnen einen ,,Heißen Herbst“ bereiten.
Die Alltagsprobleme - ein Mangel an Frohsinn, Kooperation und Nützlichkeit, ein Übermaß an (ökonomischen) Geboten und Gereiztheit sowie nach innen wie nach außen Krise und Krieg - haben ihre sozial Ursache in der politisch geschürten sozialen Ungleichheit. Der gesellschaftliche Unmut ist vernünftig auf deren Überwindung orientiert.
Das bessere Leben ist solidarische Bewegung. Frieden, Wohlfahrt, Gesundheit, Bildung und Kultur sind menschliche Produktionen, die keine Gewinner und keine Gewinne brauchen.
Arbeit für humane Gebrauchswerte, demokratische Partizipation aller (die nicht vor dem Betriebstoren halt macht), würdiges und bezahlbares Wohnen, Bildung für eine solidarische Gesellschaft und erkenntnisbildende Kultur für alle werden als kollektive gesellschaftliche Gestaltung in sozialen Auseinandersetzungen hervorgebracht.
In dieser Lage ist die Politik von Schwarz und Grün in Hamburg eine Verhöhnung der Vernunft. Studiengebühren sind dafür ein wesentlicher Ausdruck.
Es ist Dampf auf dem Kessel. Der Druck sollte weiter erhöht werden.