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Was muß gründlich anders werden?
,,»Kinder werden immer disziplinierter und leistungsbereiter. Dieses führt auch dazu, dass sie sich sehr anstrengen und sich oftmals selber überfordern«, so Schulte-Markwort.“
Hamburger Abendblatt, ,,Schulkinder unter Druck“, 12. August 2010.
,,Der Stand unserer Zivilisation ist ein solcher, daß die Menschheit schon alle Mittel besäße, überaus reich zu sein, aber in der Gänze noch immer mit Armut geschlagen ist.“
Bertolt Brecht, Anrede an den Kongreß für unamerikanische Betätigungen, 1947.
Eine Studie der Klinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik des UKE belegt neuerdings, daß rund 25 Prozent aller Kinder mental und dann oft auch körperlich leiden. Die Hamburger Ärzte sind sich sicher, daß dies am wachsenden Leistungsdruck in Schulen (z.B. durch die selektiven Gymnasien, die verkürzte Zeit zum Abitur) und in der Gesellschaft (,,Aufstiegschancen“) liegt. Die meisten würden ihre ,,psychischen Störungen“ auch über ihr Jugendalter hinaus mit sich schleppen.
Der politisch geschaffene Konkurrenzdruck verursacht also allerhand kulturelles Elend im materiell reichen, aufgeklärten Hamburg. Die Stadt wird seit 2001 von der CDU regiert, also vom politischen Arm der Unternehmervertretung Handelskammer. Dafür wurde der Schlagetot Ronald B. Schill installiert. Er sollte das neoliberale Vorhaben, alle und alles verwertungsgeschmeidig zu striegeln (,,Wachsende Stadt“), mit Polizei und Propaganda absichern. Schill verhielt sich dabei so zu der CDU-Regentschaft wie STiNE zu Ba/Ma: Sie dienen der restriktiven Überwachung eines kulturellen und soziales Desaster.
Auch wenn nun seit zwei Jahren die ,,alternativen Kreativen“ den Knüppel durch lebensgefühligen Kitt ersetzen sollen, bleibt die Roheit der ,,Wachsenden Stadt“ bestehen: Wert sei nur, wer etwas zu verkaufen hat; die Erweiterung der Lebensmöglichkeiten sei auf Kosten anderer durchzusetzen. Die Dressur auf ökonomischen Output, Einzelkampf und Konkurrenz ist unmenschlich und ahistorisch. Ein Orchester wird nicht dadurch gut, daß eine Geige siegen will.
Trauer, Angst, Desorientierung, Depression und Aggression sind zunehmend weit verbreitet, aber keineswegs alternativlos. Sie haben ihre - erkennbaren - sozialen und politischen Ursachen in der gesellschaftlichen Dominanz der profitorientierten Verwertung und dem (verzweifelten) Ellenbogeneinsatz. Jeder und jede kann zu ihrer Überwindung beitragen - durch gesellschaftliche Produktivität, Humanität, Kritik, Klugheit, Solidarität und Freude. Produktiv wird die Kooperation durch eingreifende Opposition zu den - falschen - gesellschaftlichen Normen (,,Leisten“ / ,,Versagen“) für die ökonomische Ausnutzung. Gebührenfreiheit, solidarisches Lernen und sozialkritische Wissenschaften sind Verbesserungen, die menschlich orientieren.