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Für unverschämte Solidarität und Kritik

,,Wir stellen den Mut zur Zukunft der Verzagtheit entgegen. Wir wollen unserem Land eine neue Richtung geben. Freiheit zur Verantwortung ist der Kompass dieser Koalition der Mitte. Wir führen Deutschland in Bildung, Wissenschaft und Forschung an die Weltspitze, um kommenden Generationen ein Leben in Wohlstand, Gerechtigkeit und Sicherheit zu ermöglichen. So wollen wir mit neuem Denken die Zukunft gestalten.“
Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP, ,,Präambel“, Oktober 2009.

,,Schade, daß das Wort Fleisch
Allein noch nicht sättigt, schade
Daß das Wort Anzug so wenig warm hält.“

Bertolt Brecht, ,,Notwendigkeit der Propaganda“, Gedichte 1934-1939.

Die inszenierte Zuversicht-durch-Markt-Rhetorik der Koalition aus FDP und Unionsparteien steht im Gegensatz zu den sozialen und kulturellen Verheerungen der ökonomischen Krise. Wenn ,,Deutschland“ - mal wieder - an die ,,Weltspitze“ soll, dann ist der Krieg nach innen wie nach außen programmiert. Als sei der konkurrenzgetriebenen Zerstörung von vernünftiger Kultur, sozialem Zusammenhang und internationaler Kooperation nach dreißig Jahren Neoliberalismus nicht übergenug.
Die Gesellschaft ist politisch, sozial und kulturell gründlich polarisiert. Die wirtschaftsliberale Standortpolitik ist die Verneinung der gesellschaftlichen Möglichkeit, menschengerechte Lebensverhältnisse zu schaffen. Der Markt löst die produktive Kooperation zu humanen Zwecken auf. Die Verherrlichung der privaten Wirtschaft macht den erarbeiteten Reichtum zur sozialen Fessel der Mehrheit. ,,Eigenverantwortung“ ist der Gegensatz zur Solidarität. Die Forderung nach ,,Leistung“ striegelt die Mehrheit wund für die Gewinne der Wenigsten. Dies gilt auch und gerade an den Universitäten durch Studiengebühren, das bulemische Studium ,,Bolognese“ und das reklame-lastige Hecheln nach sogenannter Exzellenz.
Die ökonomische Verwertbarkeit ist weder Ursprung, noch Zweck noch Perspektive von Bildung, Wissenschaft und Forschung. Ihr Sinn liegt vielmehr darin, zu erkennen wie es wirklich ist, dies mitzuteilen und einzugreifen, damit es besser werde. Produktives Lernen, aufklärende Wissenschaft und souveränes Eingreifen für Verbesserungen der Lebensbedingungen aller erfordern eine ganz andere kulturelle Orientierung.
Wirkliche Neugier, produktive Muße, soziale Anteilnahme, gegenseitige Ermunterung kommen erst im kritischen Engagement für eine menschliche Gesellschaft zur Geltung. Für die allgemeine Emanzipation müssen Studiengebühren wieder abgeschafft und die Bachelor-Master-Studiengänge für kooperatives Lernen überwunden werden. Die Universität muß dafür sozial geöffnet, kritisch auf die Gesellschaft orientiert, demokratisch verfaßt und am bisherigen Ort geschichtsbewußt entwickelt werden.
Frieden, menschengemäße Wirtschaft, sozialer Fortschritt, lebendig streitbare Demokratie und aufklärerische, freundliche Kultur sind die einzig sinnvolle Antwort auf die weltweite Krise.
Dieser unverschämte Impetus bewegt Studierende wie (andere) Erwerbsabhängige in ganz Europa.

,,Siehst du, sagte sie, du wolltest mein Schicksal sein und jetzt bin ich dir entwischt, du Dummkopf? Man muß nämlich über seinem Schicksal stehen, wenn es auch nur wenige Zentimeter sind, gerade so viel, daß es einen nicht mehr erreicht und in die Tiefe reißen kann. Begreifst du das? - Du hast mich ausgelacht, Fliege! brauste ich auf - Das ist es ja eben, antwortete sie kühl, man muß über sein Schicksal lächeln können. Siehst du, du Einfaltspinsel, und dann endeckt man, daß das Leben vielmehr Komödie als Tragödie ist. - Sie setzte sich in Positur, nickte mir noch einmal flüchtig zu, und damit war sie auf und davon - so plötzlich, wie sie gekommen war.“
Wolfgang Borchert, ,,Ching Ling, die Fliege“.

Politisch ,,wirtschaftsliberal“ und kulturell ,,wertkonservativ“ wird immer im Gegensatz zu den Bevölkerungsinteressen kalkuliert: Unter dem Strich steht deshalb immer das oppositionelle Handeln.
Solidarität und Wissenschaftlichkeit sind die Herausforderungen dieser Zeit. Eine bessere Aufgabe kann die Verfaßte Studierendenschaft nicht haben.


Kandidierendenliste zur Studierendenparlament in der Legislatur 2009/2010

harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive

Veröffentlicht am Freitag, den 6. November 2009, http://www.harte--zeiten.de/artikel_902.html