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Lebensqualität - Standortfaktor oder menschliches Bedürfnis

Was die Handelskammer von den Parteien fordert

„IV. Lebensqualität:
Viele Menschen, gerade die kreativen und hoch qualifizierten, machen die Wahl ihres Wohn- und Arbeitsortes maßgeblich davon abhängig, wie hoch die Lebensqualität ist. Da gerade diese Menschen, vor allem angesichts des demographischen Wandels, zunehmend zu einem Engpassfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung einer Stadt werden, ist die Lebensqualität ein immer wichtiger werdender Standortfaktor.“

„Standpunkte: Metropole der Dynamik - Hamburgs Weg in die europäische Spitze“, Handelskammer, 2003.

Die Handelskammer greift als Lobbyist für Hamburgs Unternehmerschaft in den Bürgerschaftswahlkampf ein. Die unter dem „Leitbild: Metropole Hamburg - Wachsende Stadt“ von der CDU/FDP/Schill-Koalition verfolgte Zielsetzung soll weiter verschärft werden. Die Unterwerfung aller Politikbereiche unter das Profitdiktat des Marktes findet ausdrückliches Lob und Unterstützung der Handelskammer und soll dauerhaft gesichert werden. Dafür sei die öffentliche Verwaltung auf ein an den Bedürfnissen der Unternehmen angepaßtes „Mindestmaß“ (Investitionsförderung, Standortmarketing, Flächenbereitstellung) zu beschränken. Von der „Politik“ wird gefordert, daß „sich der Staat auf Kernaufgaben konzentriert“. Gemeint ist damit, daß „staatliche Aufgaben so weit wie möglich privatisiert werden“: Zukünftig sei alles staatliche Handeln zu unterlassen, daß „für die Infrastruktur oder die langfristige Sicherung des Wirtschaftsstandorts Hamburg nicht zwingend erforderlich“ ist. Konkret gefordert werden: Investitionsförderung statt Erhalt öffentlicher Einrichtungen in den Bezirken, Eigentumswohnungen statt sozialer Wohnungsbau, mehr Polizei zur ‚Befriedung‘ sozialer Konflikte statt deren ursächliche Lösung, ‚atmende‘ Zuwanderungspolitik je nach Arbeitsmarktbedarf statt Einwanderung nach Bedürftigkeit und dauerhafter Integration aller hier lebenden Ausländer. Fünf populistische Großprojekte a la Olympia-Bewerbung sollen die Wachsende Stadt „für die Menschen konkret und nachvollziehbar“ machen.
Die Handelskammer bevorzugt bei den Bürgerschaftswahlen eine absolute Mehrheit der CDU, die die „Wachsende Stadt“ zum Wahlprogramm gemacht hat. Aus Angst vor Rot-Grün will Handelskammer-Chef Dreyer aber eine „parteiübergreifende Allianz für die Zukunft der Stadt schmieden“. Doch die Reduzierung der Menschen zu Instrumenten der Profitgewinnung bleibt nicht unwidersprochen. Die Proteste der Friedensbewegung, der Gewerkschaften, Schüler, Lehrer und Studierenden gegen die Verschärfung der Konkurrenz, z.B. durch schrittweise Privatisierung und Entdemokratisierung öffentlicher Einrichtungen sind Ausdruck der sozialen und kulturellen Ansprüche und Bedürfnisse der großen Mehrheit der Menschen. Am 29. Februar muß der Rechtssenat daher durch aktive Abwahl beendet werden.

Die sozialen, kulturellen und demokratischen Bedingungen für ein solidarisches Zusammenleben müssen auch nach dem Wahltag weiter erkämpft werden. Kooperatives, aufklärerisches Engagement für Frieden und soziale Gleichheit ist gegen die marktradikale Politik von Rechts weiter zu entwickeln. Verbindliches, bewußtes Eingreifen ist Lebensqualität.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Dienstag, den 10. Februar 2004, http://www.harte--zeiten.de/artikel_87.html