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Sei immer brav, sag: Danke!
,,Grundsätzlich hätte der Bildungsstreik seine Berechtigung, insbesondere um kurz vor der Bundestagswahl auf die gravierenden Probleme im Bildungsbereich aufmerksam zu machen. Jedoch hätte sie konstruktive Lösungsansätze seitens der Demonstranten vermisst. Auch fordere der AStA nicht den Rücktritt von Unipräsidentin Auweter-Kurtz. Diese habe in der Vergangenheit zwar Anlass zur Kritik gegeben, jedoch sei das Verhältnis in der vergangenen Woche konstruktiver geworden.“
Positionierung des AStA zum Bildungsstreik, referiert in: Die WELT, ,,‘Bildungsstreik' an der Hamburger Universität beendet“, 20.06.2009.
,,Wer zu verzichten angefangen hat, ist auf Ungerechtigkeit festgelegt. Er muß dauernd neue Rechtfertigung für seinen Verzicht aus seiner Umwelt ziehen. Dahin ist die Ehrlichkeit.“
Christa Wolf, ,,Lesen und Schreiben“, 1968.
Dein AStA engagiert sich: Willst Du mit 25 schon so ,,erwachsen“ sein wie eine Mumie? Willst Du betulich konsumieren? Schnell ,,fertig“ studieren? Willst Du Verantwortung für Staat und Gesellschaft übernehmen - so wie sie sind? Dann sag: Danke! Und liebe Deinen AStA.
Denn die Jungs und Deerns mit dem Nivea-Logo wollen es nicht wahr haben: Es gibt Konflikte, die man nicht glätten kann. Da wäre zum Beispiel die Bildungspolitik:
BA/MA, Studiengebühren und Unterfinanzierung machen die Universitäten zur rauhen Trainingsstätte für die politisch-ökonomisch verordnete gesellschaftliche Konkurrenz. Gelernt werden soll nur noch, was auf Knien zu empfangen oder mit ausgefahrenem Ellenbogen zu ergattern ist. Demokratische Partizipation wurde seit Jahren immer weiter materiell und ideologisch eingeschränkt. Dieses neo-konservative Gefüge von Zwang zu ökonomischer Verwertung, Autokratie und Trimm-Dich muß aufgeknackt und demontiert werden.
Leistungsnormen und betriebswirtschaftliche Dekultivierung der Hochschulen stehen nun zu recht bundesweit verschärft in der Kritik. Sie sind gesellschaftlich dysfunktional und persönlich aufreibend. Die so deformierten Unis sind Teil der gesellschaftlichen Krise.
Die Kritik richtet sich deshalb gegen die gewinnsüchtige Zurichtung von Bildung, Wissenschaft und Mensch durch einflußreiches großes Kapital (z.B. Bertelsmann-Stiftung) und gegen eine ebenso ordnungsversessene wie marktradikale Politik Marke Roland Koch (Hessen), Jürgen Rüttgers (NRW) und uns Ole von Beust (Hamburg, alle CDU). Hier gilt zusätzlich besonders kritische Aufmerksamkeit der notwendigen Verabschiedung der Universitätspräsidentin und Raketeningenieurin Monika Auweter-Kurtz, die selbst ein politisches Produkt dieses gnadenlosen Systems ist. Das ist kein Kommunikationsproblem, sondern schlicht, rechts und ohne jede Perspektive. Da hilft auch kein Balsam.
Die Überwindung der sozialen und kulturellen Verunsicherung, die Beseitigung ihrer Ursachen, solidarisches Lernen, Wissenschaften zum humanen Nutzen aller und umfassende inhaltliche Mitbestimmung - das bildet die Perspektive und motivationale Quelle des studentischen Protests, der deshalb weder letzte Woche begann noch endete.
Gesellschaftliche Opposition und eine philosophierende, analysierende, kritisierende, lachende, lernende, streitende, grübelnde, spielerische, stringente, kämpfende Bewegung für eine menschenwürdige Gesellschaft ist unter anderem konstruktiv.
Man braucht dafür auch nicht Papis Segen.
Alles andere bleibt Mitwürgung.