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Von Oben herab?
Von der Despotie zur Republik!

,,Die Uni-Präsidentin hat selbstverständlich meine Unterstützung. Sie setzt das um, was die Hochschulnovelle strukturell vorgibt und so von Senat und Bürgerschaft beschlossen wurde. (...) Auch Hochschullehrer haben sich an die Gesetzgebung zu halten.
(...) Der Trott der letzten 30 Jahre muss abgeschüttelt werden. Dies führt zwangsläufig auch zu Reibungen, die jetzt Uni-intern gelöst werden müssen.
(...) Ich werde die weitere Entwicklung mit großer Sorgfalt beobachten. Wenn ich feststelle, dass ein Eingreifen seitens der Behörde notwendig wird, werde ich eingreifen.“

Senatorin Herlind Gundelach, CDU, Interview mit dem Hamburger Abendblatt, 28.05.2009.

Die Universität Hamburg hat eine Grundordnung. In deren Präambel heißt es, die Universität trage ,,zur Verwirklichung wissenschaftlicher Freiheit, zur Mitgestaltung eines sozialen und demokratischen Rechtsstaates und einer friedlichen und menschenwürdigen Welt sowie zur Verwirklichung des Rechtes auf Bildung und der Gleichstellung der Geschlechter“ bei. Dieser universelle Anspruch wurde 2005 von delegierten Uni-Mitgliedern (im damaligen Großen Senat der Uni) als Kontrapunkt zur neoliberalen Konkurrenzdoktrin entwickelt und beschlossen. Er wird zudem aktuell vielfach vertreten. Der rüde Dirigismus aus der Wissenschaftsbehörde dient der Zerstörung dieser sinnvollen Orientierung. Eine solche Politik wird strukturell von der Handelskammer vorgegeben. ,,Unternehmerisches Handeln“ sei ein zwingendes Vorbild.
Betriebswirtschaftliches Handeln ist aber in der Regel volkswirtschaftlich irrational. Der Unsinn besteht darin, daß den Gewinnen einer besitzenden Minderheit alles und alle dienlich sein soll und sollen. Konkret: Auf die kapitalmächtigen ,,Wirtschafts-Cluster“ - Luftfahrt, Logistik, Welthandel/China, Ostseeraum, Nanotechnologie, Lifescience, Medien: sämtlich Industriezweige, die militärisch deformiert sind - sei das gesamte (wissenschaftliche) Leben auszurichten. Das ergibt eine hohe Entfremdung von humanen Zwecken. Solange das so ist, bleibt ein autoritäres Kommando im eigentlich zivilen Alltag nicht aus. Die spröde Senatorin und ihre präsidiale Gefolgsfrau kennen es anscheinend nicht anders. Die geschäftstüchtigen weiblichen Wahlverwandten erklären deshalb Gesetze zu Handelnden, halten humanistische Vernunft und demokratischen Meinungsstreit für ,,Trott“, Abrieb (bei Menschen) für einen natürlichen Vorgang und, bei folglich ihnen unerklärlicher Widerständigkeit, Drohungen für angemessen. Sie selbst führten die Befehle nur aus. - Strammstehen!.
Zynismus (auch: technokratische Depression) ist keine legitime Begründung politischer Praxis.
Das unzerstörbar Gute ist, daß der Mensch ein kollektives kulturelles Wesen ist, das erkennen, sich artikulieren, begründet hoffen und kooperativ eingreifen kann: in Überwindung oktroyierter Konkurrenz und gegen jede Form von Anmaßung bzw. Obrigkeit. Studiengebühren sind also abzuschaffen, das Konkurrenz-System in Studium (BA/MA) sowie Forschung und Lehre (,,leistungsorientierte Mittelvergabe“) ist zu überwinden, die wirtschaftsfromme Novelle des Hochschulgesetzes kann verhindert werden und die MachtmechanikerInnen dürfen gerne gehen. Vitale Demokratie heißt nicht zuletzt eigenständig, kritisch und öffentlich zu argumentieren. Die (Re-)Konstruktion des Vernünftigen beginnt mit einem Nein! zu jeder Zerstörung. Für all das sind zunehmend Gelegenheiten zu schaffen. Die Renaissance der Republik beginnt mit einer neuen Gedankenrichtung.

Aus dem Akademischen Senat:

Der Akademische Senat hat in seiner Sitzung am 28. Mai 2009 folgende Beschlüsse gefaßt:
1) In der nächsten Sitzung will er sich eingehend mit der Verweigerung der Präsidentin, den gewählten Dekan der geisteswissenschaftlichen Fakultät zu bestätigen, befassen.
2) Er besteht gegen den Willen des Präsidiums auf der Einrichtung eines Bauausschusses.
3) Er will in einer nahen Sitzung zu den Plänen zur Verlagerung der Uni auf den Kleinen Grasbrook Stellung nehmen.
4) Er kritisiert die kurze Frist für eine Stellungnahme zum Referentenentwurf für ein sogenanntes Wissenschaftsförderungsgesetz. In aller Kürze kritisiert er an dem Entwurf insbesondere,
a) daß die Berufungsausschüsse nicht mehr gewählt werden sollen,
b) daß die Dekane nicht mehr gewählt werden sollen,
c) daß der Zugang zum Master weiter verengt werden soll,
d) daß die Lehrveranstaltungsstunden für ProfessorInnen und MitarbeiterInnen ,,flexibilisiert“ werden sollen (Trennung von Forschung und Lehre).
5) Er hat mit 13:0:0 Stimmen beschlossen:
,,Der Akademische Senat nimmt das Abstimmungsergebnis der Urabstimmung unter den Studierenden, welche sich eindeutig gegen Gebühren ausgesprochen haben, zur Kenntnis. Der Akademische Senat stellt fest, dass die Aussage mehrerer Bürgerschaftsabgeordneter, die Studierenden würden die Gebühren akzeptieren, falsch ist. Er spricht sich weiter gegen Gebühren im Studium aus und fordert das Präsidium der Universität Hamburg auf, diese Position gegenüber der BWF und dem Senat der FHH zu vertreten.“

V.i.S.d.P.: Olaf Walther, Golnar Sepehrnia & Christian Sauerbeck, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: FachschaftsBündnis - Aktive für demokratische und kritische Hochschulen,
harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
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Veröffentlicht am Dienstag, den 2. Juni 2009, http://www.harte--zeiten.de/artikel_850.html