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Europa?
,,Ja, Deutschland wird Europa sein, wie alles höhere Deutschland immer Europa war, aber Europa wird nicht Deutschland sein, wie Adolf, der Seher, es meint. Auch ist >Europa< heute schon ein Provinzialismus. Der Gedanke des Reiches der Erde ist geboren und wird nicht mehr ruhen, bis er verwirklicht ist. Daß aber dieses Erden-Reich deutsch sein müsse, ist ein Irrwitz, dem es zuzuschreiben ist, daß the German people have gone so far wrong.“
Thomas Mann, ,,Deutschland“, 1941, aus: Gesammelte Werke XII, Frankfurt a.M: Fischer 1990, S. 905.
Wer hat sie nicht gesehen, die Wahlplakate der CDU. ,,Wir in Deutschland“? ,,Wir“ mit Nationalfarben grundiert...
Konservative haben zwei Eigentümlichkeiten. Erstens: Sie sind weitgehend lernresistent. Deshalb ist von den Unions-Parteien auch im Europawahlkampf nichts anderes zu hören (und zu erwarten) als die Fortsetzung der brachial gescheiterten Politik der Standortkonkurrenz - selbst wenn es oberflächlich um Einigung geht.
Die zweite Eigentümlichkeit ist die Mystifizierung gesellschaftlicher, besonders historischer Zusammenhänge. Die Wochenzeitung ,,Welt am Sonntag“ fragte den Bundesinnenüberwacher Wolfgang Schäuble (CDU) jüngst, ob Europa nicht einen ,,Gründungsmythos“ brauche. Antwort: ,,Der Gründungsmythos sind die beiden Weltkriege.“
Allerdings sind zusammengenommen etwa 100 Millionen Tote kein Mythos, sondern barbarisches Ergebnis der nationalistischen und rassistischen Brutalisierung zur Durchsetzung von Kapitalinteressen. Man kann auch sagen: Das deutsche Unternehmertum (unter Tätiger Mithilfe sogenannter geistiger, politischer und militärischer Eliten) hatte sowohl 1914 als auch 1933 bzw. 1939 eine Führungsrolle eingenommen.
Im Widerspruch zu diesen sehr handfesten Tatsachen stand und steht ebenso tatsächlich, das Erbe der europäischen Aufklärung, also eine humane Rationalität, selbst-bewußte Demokratie, der Kampf für die gesellschaftliche Geltung menschlicher Gleichheit und - last but not least - für den Frieden. (Nicht nur für Europäer.)
Die Europäische Union wird von diesem Impetus selten gestreift. Sie ist zur Zeit eine ungeschleifte Bastion rabiater ökonomischer Konkurrenz, exklusiver Abschottung und permanenter Aufrüstung. Der Brüsseler Technokraten-Ufo steht vorwiegend unter Kontrolle kapitalstarker Lobbyisten. (Dieser Einflußnahme haben wir übrigens auch den ,,Bologna-Prozeß“ mit Bachelor und Master zu verdanken.)
Damit das nicht so bleibt, wird in allen Mitgliedstaaten und nicht zuletzt an deren Hochschulen für sozialen Fortschritt und Frieden gekämpft. Das sollte intensiviert werden.
Damit der Ufo aber zur Landung angehalten wird, sind auch die parlamentarischen Gegenkräfte der Kriegs- und Konkurrenzpolitik zu stärken. Ein Blick in die Wahl-Programme lohnt sich. Die Ächtung des Krieges, der Kampf für zügige Abrüstung, daß Nein! zu einer europäischen Interventionsarmee, der Stopp von Rüstungsexporten, die Öffnung der Grenzen Europas, eine kooperative internationale Entwicklung sowie die Freiheit von Atomwaffen und Atomanlagen sind sinnvolle Kriterien der Wahl und des eigenen Handelns.