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Geschichtsbewußt vorausschauen:

Aufgeklärter Humanismus statt profitable Blenderei

,,Kauf' mich, nimm' mich, knack' mich, dusch' mich,
schluck' mich, hack' mich, reiß' mich auf!
Trag' mich, grapsch' mich, pack' mich, nasch' mich,
schütt' mich, zeig' mich, setz' mich auf!
Koch' mich, brat' mich, schwitz' mich, crem' mich,
heiz' mich, spreiz' mich. steck' mich an!
Seif' mich, greif' mich, schleif' mich, keif' mich,
rotz' mich, glotz' mich, zieh' mich an!
Wünsch' mich, lieb' mich, drück' mich, knick' mich,
lutsch' mich, friss' mich, leck' mich aus!
Schlemm' mich, schmatz' mich, mix' mich, fix' mich,
bitt' mich, küss' mich, quetsch' mich aus!“

Michael Batz, Der Hamburger Jedermann, 1994. (Chor für den Mensch als Warensammlung.)

Wissenschaftsbeamtin Gundelach (CDU) hat ihre ,,Vision“ vom Uni-Umzug auf den Kleinen Grasbrook jüngst Mitgliedern der Universitätsgremien vorgestellt. Die ,,Wissensökonomie“ sei die Zukunft. Wissenschaft und Privatwirtschaft müßten deshalb inhaltlich und architektonisch zusammenwachsen. Die Uni habe zudem aufgrund neuer Einnahmen aus Budgeterhöhungen, Studiengebühren und Drittmitteln einen wachsenden Raumbedarf. Die heutige Substanz sei zu zwei Dritteln unbrauchbar. Die Uni sei deshalb binnen 10-15 Jahren im Hafen völlig neu zu errichten.

Wissenschaftspolitische Begründungen des großspurigen Projekts? Null. Die konkrete Universität - mit ihrem (potenziell) humanen Nutzen, einer (halbwegs) demokratischen Kultur und widersprüchlichen Geschichte, ihrer Integration im Stadtteil, dem durchdachten Gebrauchswert bestehender Bauten, den Erfolgen bisheriger Sanierungen und den Plänen für zügige Modernisierungen
 kam nicht in den Darlegungen der sozial abgehobenen Senatorin und der hochbezahlten Unternehmensberatung Ernest & Young vor.

Deshalb überwog bei den Gremienmitgliedern die Ablehnung der wie auch immer gearteten Verlagerung auf den Kleinen Grasbrook: Die Redlichkeit der Kalkulation der Kosten von überdimensionalen 1,8 Mrd. Euro für eine Sanierung der Universität und spekulativniedrigen 2,2 Mrd. Euro für den Neubau wurde stark bezweifelt. In Zeiten der Finanzkrise mute ein ,,Konzept“, das nicht berücksichtige, daß der Hansestadt bei Großprojekten finanziell die Puste wegbleiben könne, unlauter an. Auch sei unzumutbar, daß eine Gesamtverlagerung bis 2028 gleichzeitig einen fortwährenden Verfall der real existierenden Universität bedeute. Die absehbare Isolation der Wissen-Schaffenden im Hafen wird abgelehnt und mit der gegenseitig anregenden Integration im Stadtteil kontrastiert. Daß für ,,Internationalität“ die Bauten ausschlaggebend seien, gilt als zweifelhaft. Unzweifelhaft amüsant war dagegen das ganz unironisch präsentierte ,,Verkehrskonzept“, demzufolge die Uni im Hafen genauso gut erreichbar sei, wie die ,,Arena“ bei einem HSV-Spiel. Mißtraut wird dem schein-demokratischen Meinungsbildungsprozeß.

Studentische Vertreter pointierten, daß der Senat und die dogmatisch konservative Uni-Präsidentin die Entsorgung der zivilen, demokratischen und sozial progressiven Tradition der Universität beabsichtigen. Hervorgehoben wurde, daß die Pläne wegen der Fixierung auf die bare Erscheinung von Beginn an nutzlos, schädlich und zum Scheitern verurteilt sind. In einer gesonderten Beratung mit VertrerInnen des Studierendeparlaments wurde die Senatorin mit der Entfaltung humanistischer Wissenschaftlichkeit, demokratischer Ansprüche und der Reflexion des kulturellen Ortes der Uni im ehemals jüdischen Grindelviertel konfrontiert. Danach gefragt, welcher Vernunft sie eigentlich folge, erwiderte sie: Man könne das ,,Ordnung“ nennen. Diese ,,Ordnung“ - Gewinne, Lack und Gängelung
 ist im Kern marode.

Der hölzernen Funktionärin wurden am Ende 11.000 Unterschriften gegen die Uni-Verlagerung überreicht. (Es wird weiter gesammelt.)

Der Mensch soll und will keine Ware sein.

Dafür muß etwas getan werden.

V.i.S.d.P.: Olaf Walther, Golnar Sepehrnia & Christian Sauerbeck, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: FachschaftsBündnis - Aktive für demokratische und kritische Hochschulen,
harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
und Liste LINKS - Offene AusländerInnenliste . Linke Liste . andere Aktive
Veröffentlicht am Dienstag, den 14. April 2009, http://www.harte--zeiten.de/artikel_846.html