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Leitlinien für die Arbeit des AStAs der Uni Hamburg 2009/2010

Vorgelegt von Fachschaftsbündnis, harte-zeiten, Liste LINKS

0. Vorsatz

Die Krise der Finanzmärkte, der Weltkonjunktur und Marktwirtschaft ist nicht nur eine ökonomische, soziale und politische Krise der heutigen Gesellschaft, sondern auch eine Emanzipationskrise der Menschheit. Globale Kriegführung, die gewinnsüchtige Zerstörung von sozialen und kulturellen Standards, Privatisierung, Kommerzialisierung und ordnungsstaatliche Repressionen sind nicht nur offenkundig allgemein schädigend, sondern werden auch vermehrt in breiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt. Mit dem Scheitern des ,,entfesselten“ Kapitalismus ist die ökonomische und politische Herrschaft einer geringen Minderheit über die große Mehrheit der Bevölkerung grundsätzlich in Frage gestellt. Zivile, demokratische und humane Lebensverhältnisse müssen neu bzw. erweitert mehrheitlich befürwortet und gegen erhebliche gesellschaftliche Widerstände bewußt kooperativ erstritten werden.
In dieser Lage hat die Verfaßte Studierendenschaft (VS) als bereits erkämpfte politisch-kulturelle Form solidarischer Interessenvertretung große Wirkungsmöglichkeiten und Verantwortung für Verbesserungen.

I. Hamburg

Seit 2001 stellt die CDU den Ersten Bürgermeister der Stadt.
Erst mit Hilfe des Rechtspopulisten Ronald B. Schill, dann mit alleiniger Mehrheit und nun mit der angeglichenen GAL werden die marktradikalen Forderungen der Handelskammer fast direkt in Regierungspolitik umgesetzt. Das geht - sozial, ökologisch, demokratisch und kulturell - zu Lasten der Bevölkerungsmehrheit. Das Desaster der HSH-Nordbank belegt die soziale und wirtschaftliche Zerstörungskraft marktmäßiger und spekulativer Handlungsweisen. Die Elbvertiefung und ,,Moorburg“ zeugen vom rücksichtslosen Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen. Elitäre und zweckferne Prestigeprojekte wie die ,,Elbphilharmonie“, die Neugestaltung des Jungfernstiegs, der geplante Bau für die HCU oder für die Versenkung der Uni in der Elbe verschlingen Unsummen bzw. behindern ernsthafte Problemlösung. Bildungsgebühren setzen Barrieren. Das militaristische ,,Tamm-Museum“ wird staatlich unterstützt. Polizeiliche Repression und Abschiebungen finden weiterhin statt. Die unsozialen Praktiken von Vattenfall und Asklepios belegen eindeutig die Notwendigkeit, dass die Grundversorgung als allgemeine Aufgabe durch die öffentliche Hand zu realisieren ist.
Schwarz-Grün ist kein Fortschritt.

II. Die Universität

Die Universität ist im wesentlichen eine zivile Einrichtung, die einen entscheidenden Beitrag zur ,,Erleichterung der Mühseligkeit der menschlichen Existenz“ leisten kann, soll und muß. Alle Tätigkeiten hier sollten auf die Befreiung Aller von gesellschaftlichen Entfaltungshindernissen gerichtet sein. Weil aber in der hochindustrialisierten und ,,globalisierten“ Welt herrschenderseits Bildung und Wissenschaft sowohl für die kulturelle Herrschaftssicherung als auch für die Steigerung eines profitorientierten Produktivitätsfortschritts entscheidende Bedeutung haben, ist die Universität gegen die humanen Erfordernisse der Zeit ins Zentrum neoliberaler Politik gerückt worden.
Die gesellschaftliche Kontroverse zwischen solidarischer Emanzipation einerseits oder verschärfter privatwirtschaftlicher Verwertung andererseits wird deshalb an den Hochschulen mit allgemeiner Wirkung intensiv ausgetragen.

III. Studentische Interessenvertretung

Studentische Interessenvertretung ist emanzipatorisch oder sie ist nicht.
Das heißt erstens, alle Grundrechte gegen jeden Angriff zu verteidigen. Es bedeutet zweitens unverbrüchlich gegen jede Kriegsvorbereitung, -gefahr und -führung zu streiten. Drittens im Bewußtsein historischer Erfahrungen für menschliche Egalität und gegen jede antivernünftige und ressentimentgeladene Tendenz einzutreten und sich insbesondere gegen die unheilige Verbindung der Interessen großer Unternehmen mit (autoritärem) staatlichem Handeln zu wenden. Daraus ergibt sich viertens der Auftrag, die sozialen, politischen und wissenschaftlich-kulturellen Belange der Studierenden als verallgemeinerbare Interessen kämpferisch und im Bündnis mit anderen fortschrittlichen Akteuren zu vertreten.
Durch diese Herkunft, diesen Inhalt und diesen Zweck ist studentische Interessenvertretung entstanden, gegenwärtig und gegen äußere Anfeindungen institutionalisiert entwicklungsfähig.

IV. Allgemeines Konkret

Wissenschaftspolitik
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!
Der AStA setzt sich dafür ein, daß Friedenswissenschaft tendenziell die Leitwissenschaft der Universität wird. Er kooperiert mit friedensengagierten Einrichtungen und WissenschaftlerInnen, insbesondere mit dem Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Zentrum für Naturwissenschaft und Friedensforschung (ZNF) und mit dem Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH) sowie mit der Arbeitstelle für wissenschaftliche Weiterbildung (Allgemeines Vorlesungswesen). Veranstaltungen, Publikationen und die Herausgabe eines friedenswissenschaftlichen kommentierten Veranstaltungsverzeichnisses tragen zur Friedensorientierung bei. Der AStA ist aktiver Part der Friedensbewegung. Antimilitaristische Aufklärung wider das ,,Tamm-Museum“ gehört zu seinen Aktivitäten.
Das Engagement gegen Rechts ist orientiert an der Schaffung umfassenden Verwirklichung menschlicher Würde. Der AStA beteiligt sich an den Gedenkveranstaltungen zum Jahrestag der Bücherverbrennung und der Reichspogromnacht und ruft dazu auf. Insbesondere klärt der AStA über studentische Verbindungen (Burschenschaften, Korporationen etc.) auf. Der AStA unterstützt und initiiert Aktivitäten gegen Abschiebung. Er wendet sich gegen jede Ausgrenzung ausländischer KommilitonInnen und unterstützt ihre solidarische Selbstorganisierung besonders durch die Wiederherstellung der vollen demokratischen Souveränität des ARefs.
Friedenspolitik und Antifaschismus werden insbesondere anläßlich des 70. Jahrestages des Beginns des Zweiten Weltkrieges im Wintersemester 2009/10 thematisch zusammengeführt.
Anläßlich des 90. Jubiläums der Gründung der Universität Hamburg setzt der AStA sich öffentlich kritisch mit der Geschichte der Universität und der Studierendenschaft auseinander.

Die Universität muß bleiben
Der AStA engagiert sich für den Erhalt und eine pflegliche Sanierung und die Erweiterung der Universität in Eimsbüttel. Dabei hat die bewußte Aneignung des kulturellen (antifaschistischen und sozial progressiven) Erbes der Universität Hamburg auch in der Aufklärungsarbeit Priorität.
Die kommerzielle Nutzung von Räumen und Anlagen der Universität wird zugunsten wissenschaftlicher Tätigkeit und studentischer Gestaltung zurückgedrängt.

Soziale Hochschulpolitik
Der AStA intensiviert den Kampf der Studierendenschaft für gebührenfreie Bildung. Er engagiert sich für die Überwindung sozialer und kultureller Bildungshürden für Alle - unabhängig von Herkunft und Alter. Mit einer Urabstimmung ,,Ja zur Gebührenfreiheit“ attackiert er die Beschwichtigungspolitik ,,nachgelagerter“ Studiengebühren.
Der AStA initiiert und unterstützt alle Aktivitäten, die auf eine öffentliche und bedarfsgerechte Bildungsfinanzierung - also sowohl der Institutionen als auch der Lernenden und Lehrenden - gerichtet sind. Er kämpft für ein BAföG als Vollzuschuß.
Der AStA wendet sich gegen jede Begrenzung der Studiendauer.
Bachelor und Master dienen - durch verschärfte Leistungshetze und Konkurrenz - der inhaltlichen Zurichtung des Studiums auf die partikularen Forderungen der privaten Wirtschaft. Der AStA engagiert sich für die Abschaffung dieses Studiensystems und verfolgt konzentriert die zügige Befreiung sämtlicher Studienordnungen von wissenschaftsfremden Reglementierungen.
Lernen sei analytische, kooperative Weltaneignung.
Das sogenannte Studieninformationsnetz ,,STiNE“ muß abgeschafft werden, weil es das BA/MA-System verschärft und die Mitglieder der Universität gängelt. Der AStA fordert dagegen die Entwicklung einer technischen Unterstützung für eine kollegiale und transparente Lehrveranstaltungsplanung. Unter Leitung des Rechenzentrums und in Kooperation mit der Präsidiums-Abteilung ,,Studium und Lehre“, unter Einbeziehung von Studierendenvertretern und spezifischen Sachverstandes aus den Fächern und Fakultäten soll ein offenes Forum geschaffen werden, das kooperatives Lernen inhaltlich und strukturell unterstützt, wie es mit dem seit 1999 an der Uni entwickelten Community System ,,CommSy“ vorbildlich realisiert wurde.
Das Semesterticket wird sozial ausgestaltet und trägt zu einer kostengünstigen Entwicklung des ÖPNV für alle bei.

Demokratie
Genau 40 Jahre nach Beschluß des ersten demokratischen Hochschulgesetzes in der BRD, des Hamburgischen Universitätsgesetzes von 1969, setzt sich der AStA für die volle Wiederherstellung und die Erweiterung der demokratischen Partizipation aller Universitätsmitglieder ein. Das beinhaltet insbesondere den Kampf gegen die unternehmerische Strukturierung der Universität und gegen das autokratische Management der obersten Uni-Leitung. Die Abwahl, bzw. der Rücktritt von Frau Auweter-Kurtz ist verbindliches politisches Ziel.
Der AStA verknüpft die Tätigkeiten auf den verschiedenen Ebenen (Akademischer Senat, Fakultätsräte, Departement-, Sektions- und Fachbereichsvorstände; Fachschaftsräte, Fachschaftsrätekonferenz) studentischen und gruppenübergreifenden Engagements.

Arbeitsweise
Der AStA entwickelt seine Arbeit aus dem munteren Disput im Studierendenparlament als hochschulpolitischem Forum. Das Studierendenparlament richtet dauerhaft Ausschüsse ,,Gegen Rechts“, ,,Soziales/Semesterticket“ und ,,Wissenschaftspolitik“ ein. Es beauftragt einen Ausschuß für ,,Satzung und Grundordnung“ mit der Demokratisierung der VS. Die Souveränität aller Teilautonomen Referate und ihre Teil-Integration in den AStA (auch: Stimmrecht) wird vollständig wieder hergestellt. Das schließt die Fachschaftsrätekonferenz ein. Studierendenparlament und FSRK koordinieren die Einbeziehung der Fachschaftsräte in die Arbeit von SP und AStA.
Die spezifische Interessenvertretung der Studierenden wird im Einklang mit dem allgemeinen Wohl realisiert. Die Verfaßte Studierendenschaft hat ein politisches Mandat.
Der AStA solidarisiert sich in diesem Verständnis mit den Kämpfen für die Institutionalisierung studentischer Interessenvertretung in anderen Bundesländern. Die VS tritt dem ,,freien zusammenschluß von studierendenschaften“ (fzs) bei und engagiert sich für gemeinsame Aufklärungsarbeit wider die neoliberalen Hochschuldeformen. Der gemeinsame Kampf gegen Studiengebühren hat herausgehobene Bedeutung.
Der AStA fördert die politische Bewußtseinsbildung durch Vollversammlungen, Demonstrationen und Veranstaltungen, sucht die Kooperation mit Gewerkschaften, in der Friedensbewegung und progressiven Initiativen und stellt sich darin und dadurch den notwendigen Konflikten dieser Zeit.

Veröffentlicht am Sonntag, den 22. Februar 2009, http://www.harte--zeiten.de/dokument_835.html