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Everything goes?

„Der Weg zur extrem linken SPD in Hessen geschah nicht aus Versehen, sondern war Absicht, die auf Parteitagen durchgedrückt worden ist und die viele - aus meiner Sicht - vernünftigere Sozialdemokraten dazu gebracht hat, gar nicht mehr zu Parteitagen zu gehen. [...] Wir haben nach der Wahl im vergangenen Jahr ganz bewusst unsere Politik geändert. Etwa in der Bildungspolitik. Oder in der Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik. Das sind Lernprozesse, auch schmerzhafte wie beim Verzicht auf die Wiedereinführung von Studienbeiträgen.“
Roland Koch im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, 11.01.2009.

„ X
Alle Welt ist gegen Deutschland - aus Neid.“

Kurt Tucholsky, „Die Glaubenssätze der Bourgeoisie“, 1928.

Ob Lohndumpig oder Privatisierung, ob Sozialabbau oder Bildungsgebühren, ob Angriffskrieg und Militarisierung, ob „deutsche Arbeitsplätze“ zuerst für Deutsche oder die Arbeite-Bete-Spare-Propaganda für die Standortgemeinschaft - nichts ist dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Hessens, Roland Koch, zu abseitig. Er ist ein exponierter Vertreter des Rückschritts.

Das kommt auch darin zum Ausdruck, daß ihm nicht nur aus Populismus-Gründen Ausländer und Linke ein Graus sind. „Ypsilanti, al-Wazir und die Kommunisten stoppen!“ ist die Parole der hessischen CDU, die damit in schlechter deutscher Tradition steht. Rassismus und Antikommunismus sind nicht zuletzt zur Verblendung der Bevölkerung die Kernideologien des Faschismus gewesen - mit den bekannten Konsequenzen. Der Rechtskonservative ist deshalb schon vielfach mit seinen Schmutzkampagnen gegen die „Doppelte Staatsbürgerschaft“ negativ aufgefallen. Aber auch mit seiner tiefen Verstrickung in die CDU Spendenaffäre hat er Furore gemacht. Dabei wird am ehesten deutlich, worum es ihm eigentlich geht: Durch die skrupellose Durchsetzung von Unternehmensinteressen gegen die Bevölkerung Karriere zu machen. Das ist CDU und unbedingt unappetitlich.

Daß dieser Mann nun möglicherweise nach den Hessen-Wahlen am nächsten Sonntag dennoch weiterregieren kann, ist leider zu einem schlechten Anteil den rechten Kräften in der SPD (Seeheimer Kreis) und ihren Vorturnern Dagmar Metzger und Jürgen Walter zu verdanken. Sie dürfen sich einzig zurechnen, die längst gescheiterte und vor allem aufreibende neoliberale Deformpolitik als Zombie erneut auf die politische Bühne geholt zu haben. Damit werden auch die erfreulichen Ergebnisse außerparlamentarischer Opposition (Abschaffung der Studiengebühren, Stop der Bildungsprivatisierung und Korrektur der leistungshetzenden Schulreform) unnötig gefährdet. Damit wird die Grenze von fahrlässiger Bravheit zum politischen Verbrechen überschritten.

Man kann also feststellen, daß die harsche Abneigung gegen eine Kooperation von Linken gleichbedeutend ist mit der Politik des „Everything goes“ für das große Unternehmertum und gegen die Bevölkerung.

Allgemeine Wohlfahrt, eine sozial offene und kritische Bildung und Kultur, wirkliche Demokratie und eine zivile (internationale) Kooperation sind den konservativen Oberuntertanen auf ewig fremd. Menschenfreundlichkeit, soziale Emanzipation und eine allseitig zivilisierte Entwicklung halten sie immer wieder für lebensfernes Gedöns.

Dieser begrenzten und begrenzenden Weltsicht ist überall eindeutig aufgeklärtes Contra zu geben. Daraus folgt nur Besseres.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 12. Januar 2009, http://www.harte--zeiten.de/artikel_816.html