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Wer bekämpft die Armut?

Zum völkerrechtswidrigen Bundeswehreinsatz am Horn von Afrika

„»Wo deutsche Interessen betroffen sind, werden wir dafür sorgen, dass auch eine Verurteilung (der Piraten - d. Red.) stattfindet«, sagte Jung. Er würde sich wünschen, dass man auch eine internationale Lösung finde, »um dieser Herausforderung wirkungsvoll entgegentreten zu können«. Im Rahmen des europäischen Mandats werde sich die Bundeswehr mit einer Fregatte am Kampf gegen die Piraten beteiligen.“
Spiegel Online, „Deutschland verspricht mehr Einsatz gegen Piraten vor Somalia“, 20.11.2008.

Wir sind Deutschland, auch in und vor Somalia. -

Kriegsminister Franz Josef Jung (CDU) will die militärische „Piraten-Bekämpfung“ am Horn von Afrika vor Somalia ausweiten. Schon seit Jahren ist die Bundesmarine dort im Rahmen der US-amerikanisch geleiteten „Operation Enduring Freedom“ (OEF) und der NATO dort „engagiert“. Jetzt soll eine EU-Mission hinzukommen, die zeitlich unbegrenzt und beliebig auszuweiten sein soll. Dazu sollte klar Nein gesagt werden.

Abgesehen davon ist völkerrechtlich und ganz praktisch „Piraterie“ keine (staatliche) Kriegführung, sondern Kriminalität, die gemäß dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland nur polizeilich bekämpft werden darf. Hier wird also neben einer Ausweitung des Krieges im Namen „deutscher“ Interessen auch die antifaschistisch begründete Trennung von Polizei und Militär mit Rückwirkung für die Bundesrepublik aufgeweicht. Die Schäuble-Partei erfährt hierbei die Unterstützung der Regierungssozialdemokraten in Berlin.

Unzweifelhaft ist „Piratenbekämpfung“ vor allem das Gegenteil von Armutsbekämpfung. Die Armut ist die Ursache der räuberischen Übergriffe.

Somalia ist seit über 15 Jahren im Bürgerkrieg, der vor allem mit US-amerikanischer Unterstützung bei wechselnder Parteinahme geführt wird und zeitweise durch - gescheiterte - Besatzungsmaßnahmen mit zweifelhaften UN-Mandaten verschärft wurde.

70 Prozent der Somalier haben keinen Zugang zu sauberem Wasser. Das Land ist immer wieder Hungersnöten ausgeliefert worden. Nur etwa 10 Prozent der Kinder erhalten eine rudimentäre Schulbildung. Somalia hat die sechst höchste Kindersterblichkeit der Welt. Die einzige rechtliche Stabilität, relativ verläßliche Bildung und minimale Nothilfe geht in der Regel von islamischen Einrichtungen aus. Diese gelten dem offiziellen „Westen“ in der Regel als terrorverdächtig.

Bekämpft werden die Armen. Damit bewegen sich die beteiligten NATO-Regierung fortgesetzt nach der neoliberalen Doktrin, derzufolge sozial-ökonomische „Rostgürtel“ von „Wachstumsbananen“ (HWWI-Chef Straubhaar) auf Dauer zu unterscheiden seien. Dieser - ebenso konstruierte wie politisch gewollte - Gegensatz werde in Zukunft die „globalisierte Welt“ prägen. Die ökonomisch starken „Kernländer“ müßten sich deshalb auf „permanente Kriegführung“ gegen die barbarische „Peripherie“ einstellen (Politik-“Wissenschaftler“ Herfried Münkler).

Die politische Hegemonie dieses Zynismus ist noch nicht gebrochen. Die Friedensbewegung ist dagegen die entscheidende Kraft der Vernunft: Abrüstung, die Umwandlung von Rüstungs- in zivile Produktion, das Verbot von Waffenexporten und die Verlagerung von Rüstungsausgaben zu sozial und kulturell förderlichen Maßnahmen im In- und Ausland sind die entscheidenden Schritte zur Zivilisierung des internationalen und regionalen Zusammenlebens.

Die militaristische Politik der Bundesregierung und die Apologetik ihrer „wissenschaftlichen“ Adjutanten ist hingegen nur eine extrem schädliche Ablenkung von diesen Herausforderungen im ökonomischen Interesse einer gesellschaftlichen Minderheit.

Dem zum Trotz Frieden zu schaffen ist Aufgabe aller. Aufklärung ist Zivilisierung.


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Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Dienstag, den 25. November 2008, http://www.harte--zeiten.de/artikel_794.html