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Volle Fahrt voraus mit der Kraft des Fatalismus?
1) Erstes Dogma: Bleibe!
,,Mein Großvater pflegte zu sagen: »Das Leben ist erstaunlich kurz. Jetzt in der Erinnerung drängt es sich mir so zusammen, daß ich zum Beispiel kaum begreife, wie ein junger Mensch sich entschließen kann ins nächste Dorf zu reiten, ohne zu fürchten, daß - von unglücklichen Zufällen ganz abgesehen - schon die Zeit des gewöhnlichen, glücklich ablaufenden Lebens für einen solchen Ritt bei weitem nicht hinreicht. «“
Franz Kafka, ,,Das nächste Dorf“, wahrscheinliche Entstehung 1917.
Wenn auch die Erde in der Vorstellung der überwiegend meisten Menschen realitätsnah zu einem Rundkörper geworden ist, gelten vermehrt wieder die Maßstäbe der Bescheidenheit. Der gesellschaftliche Mensch wird privatisiert. Freiheit sei Entsagung. Das Dorf hat vier Wände.
2) Zweites Dogma: Ertrage!
,,Es ist wahr, daß bei den Menschen, die ihm den Pfeffer gaben - ich sagte bereits wohin -, das erste Unrecht liegt; aber der gequälte Esel ist deshalb kein weniger häßliches und böses Tier, denn die verzweifelten Schreie enthüllen alles, was an Arroganz, Neid, Frechheit, gemeiner Heimtücke, an besonderer Falschheit und sogar Verschlagenheit verborgen war in den Eingeweiden dieses absurden Wesens, das gewöhnlich so demütig war, das die Stockschläge mit so rührender Bescheidenheit ertrug, das diese feierliche Gewöhnlichkeit besaß, die man immer mit einer gewissen Anständigkeit verbunden glaubte, das zu dumm, zu geschmacklos, zu albern war, als daß man es nicht hätte für ehrlich halten können, das immer zu sagen schien: ich bin ein Dummkopf, also bin ich ehrlich, ich habe keinen Geist, also habe ich einen ehrlichen Charakter, und das es wirklich erreichte, manchmal ehrlich genannt zu werden ...“
Heinrich Heine an Alexandre Dumas (den Älteren), Paris, 8. Februar 1855.
Wer erst dann Laut gibt, wenn schon fast alles zu spät geworden ist, hat große Schwierigkeiten verständnisvolles und hilfreiches Gehör zu finden. Angestautes Leid schafft schrille Töne. Schöner ist frühes Sprechen.
3) Drittes Dogma: Neurotisiere!
,,Wer weiß, ob man mitten im Symphoniekonzert nicht doch plötzlich auf die Toilette muß, oder ob man das Schloß beim Nachprüfen nicht irrtümlich aufgeschlossen hat? Der Vernünftige meidet daher scharfe Messer, öffnet Türen mit dem Ellenbogen, geht nicht ins Konzert und überzeugt sich fünfmal, daß die Tür wirklich abgesperrt ist. Voraussetzung ist allerdings, daß man das Problem nicht langsam aus den Augen verliert.“
Paul Watzlawick, ,,Anleitung zum Unglücklichsein“, 1983, S. 55.
Der Händewaschzwang hat viele Verwandte. Sie kommen alle aus der Familie des Kontrollwahns, der ein Alltagsmärchen wirklicher (aufgeklärter und kooperativer) Gestaltung ist. Fragen Sie nicht Ihren Apotheker, sondern aufmerksame Mitmenschen (unter denen wiederum auch Apotheker sein können).
4) Viertes Dogma: Ignoriere!
,,Was heute not täte, wäre ein militanter Humanismus, welcher gelernt hat, daß das Prinzip der Freiheit und Duldsamkeit sich nicht ausbeuten lassen darf von einem schamlosen Fanatismus; daß er das Recht und die Pflicht hat, sich zu wehren.“
Thomas Mann, ,,Humaniora und Humanismus“, 1936 (!).
Es heißt, bedachte, erbe-reiche, weit gefaßte und engagierte verallgemeinerungswürdige Menschlichkeit sei nicht geschäftstüchtig, unzeitgemäß, zum Leben nicht geeignet, spinnert, unpraktisch, nervtötend, gerade nicht möglich, auf den Feierabend zu beschränken, vielleicht ehrenwert - aber ...
Nach so viel alternativlos scheinenden Quälereien ist allerhand Mißtrauen angebracht. Achtung beginnt mit Aufmerksamkeit.