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Markt
oder
Die Ideologie der Ideologiefreiheit

,,Die globalen Geschehnisse und die Entwicklung nationaler Gesellschaften befördern stattdessen gesellschaftliche Probleme neuartiger Komplexität und Intensität. Die heutigen Verhältnisse sind widersprüchlicher als je zuvor und nicht mehr zu simplen Gegensätzen zu vereinfachen. [...] Die SPD muss an dieser Stelle endgültig ihre alten ideologischen Scheuklappen ablegen, sich von den Begriffen »links« und »rechts« auch innerparteilich trennen und den Weg gehen, den man den der besten Lösung nennen könnte.“
,,Arbeitsprogramm“ des Juso-Landesverbandes Hamburg seit April 2008.

,,Die Möglichkeit
Liegt der Irrtum erst, wie ein Grundstein, unten im Boden,
Immer baut man darauf, nimmermehr kömmt er an den Tag.“

Friedrich Schiller/Wolfgang Goethe, ,,Xenien", Musen-Almanach 1797.

Ist ,,Realpolitik“ unvermeidbar?

Danial Ilkhanipour, Hamburger Juso-Landesvorsitzender und Kandidat der sogenannten Juso-Hochschulgruppe zur Wahl des Studierendenparlaments, hat mit 45 zu 44 Stimmen dem relativ SPD-Linken Niels Annen die Kandidatur zum Bundestag für den Wahlkreis Eimsbüttel abgejagt. Die Jusos Hamburg nennen sich in Stadt und Universität ,,Junge Sozialdemokraten“, nicht - klassisch - Jungsozialisten.

Inhalt und Methode ihrer Politik (s.o.) ist die politisch-soziale Krise der Marktgesellschaft zu verharmlosen und durch Reklameversprechen (Harmonie, Schutz, ,,Wir für Euch“) für sich und andere die Aufgaben verantwortlicher fortschrittlicher Politik abzuwehren. Sie geben deshalb ,,pragmatische“ ,,Ideologiefreiheit“ als Politik aus. Vernebelt wird, daß, solange Konzerne, Medien, Militärs und Polizei sich herrschaftsausübend betätigen, rechte Politik gemacht wird. Nicht Links ist deshalb eher dumm als konkret, praktisch und gut.

Sie sind irgendwie gegen Studiengebühren. Dabei verneinen sie, daß soziale Regulierungen der überdrehten Finanzwirtschaft, höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten, progressive Sozialsysteme (im Bund) und Gebührenfreiheit, kritische Bildung, eine demokratische Kultur und z.B. öffentliche Krankenhäuser (im Land) nur durch gesellschaftliche Opposition solidarisch erstritten werden. Sie huldigen dem Götzen ,,Erfolg“, denn der Markt sei natürlich. Der Mensch sei für den Sozialismus nicht geschaffen. Die einfache Gegenfrage, ob denn der Mensch für Ausbeutung, Konkurrenz, sinnentleerte Arbeit, Armut oder Krieg geschaffen sei, haben sie sich nie gestellt. Sie sind Teil der gesellschaftlichen Krise.

Sie pflegen Verbindungen zum rechtsaußen SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs, der auch Spenden von der Rüstungsindustrie annimmt. An der Uni sind sie mit Rechtsliberalen (LHG und Fakultäten-Listen) in einem AStA. Ihre (partei-)politische Funktion ist, eine linkssozialdemokratische Antwort auf die tiefe Krise der ,,sozialen Marktwirtschaft“ zu behindern. Linke Regierungsbündnisse, die von der außerparlamentarischen Bewegung zu vernünftiger Politik getrieben werden können, sollen frühzeitig unterbunden werden.

Erforderlich wäre stattdessen für die SPD die Hinwendung zu den sozialen Bewegungen (z.B. im Kampf gegen Studiengebühren, für Eine Schule für Alle und gegen das Desaster der Agenda-Politik), die Mitwirkung an der Friedensbewegung und die Rekonstruktion einer kapitalismuskritischen Programmatik. Dann müßte ,,Change“ auch nicht nur sentimentaler Beobachtung unterliegen.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Dienstag, den 18. November 2008, http://www.harte--zeiten.de/artikel_791.html