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"Das Wohl Hamburgs mehren"

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Dem neuen Senat fehlt es an Glanz - keine Kultur, nur eine Frau und viel rechte Hausmannskost. Da ist der neue Wissenschaftssenator Jörg Dräger gerade Kompensation genug. Am 3. Dezember kommt der Daniel Düsentrieb der Rechtskoalition an die Universität, um zu erläutern, warum Studiengebühren und verschärfter Abbau von Studiermöglichkeiten den 'König Kunden' Studierenden glücklich und den Standort Fit for Fun machen.

Fit for Fun bedeutet, dass in Zukunft die Hochschulen "sich ihre Studierenden selbst aussuchen können" (Koalitionsvertrag). Eine eigenartige 'Kundenorientierung', wenn - um in der Logik des neuen Senates zu bleiben - ein marktbeherrschendes Unternehmen sich seine Kunden aussuchen darf. Aber um die Interessen von Studierenden geht es ja auch nicht wirklich - sondern um - ja ! ja! - den Standort. Hamburg soll führender Wissenschafts- und Forschungsstandort werden. Da würde es nur stören, wenn die Universität sich damit herumschlägt, allen, die studieren wollen, bestmögliche Studienbedingungen zu ermöglichen. Das ist leider ungerecht. Aber die Realität ist nun mal ungerecht. Das wird man eben zukünftig auch in den Auswahlgesprächen von Studienbewerbern feststellen. Wer den Dünkel so manches Alten Herren - pardon: Professors - kennt, der kann sich ausmalen, wie die Beherrschung (klein-)bürgerlicher Umgangskonventionen zum Studienbegabungskriterium geadelt wird.

Für Gerechtigkeit sollen in Zukunft aber Strafgebühren für so genannte Langzeitstudierende sorgen. "Wissenschaftsmanager" Dräger (Eigenbezeichnung) hatte noch vor drei Wochen durchblicken lassen, man müsse wohl erst die Studienbedingungen verbessern, bevor man einen Abschluss in "Regelstudienzeit" erwarten könne. Inzwischen hat das Wunderkind des Senates verdeutlicht, dass darauf mitnichten gehofft werden sollte. Denn: "Gebühren für Langzeitstudierende sollen niemanden vom Studium fernhalten, sondern dazu führen, dass ein Studium in der Regelstudienzeit möglich wird." (Dräger im Hamburger Abendblatt vom 13. 11.)

Noch einmal für die, die in Zukunft nicht mehr an die Uni gelangen sollen: Mit Studiengebühren will der Senat ermöglichen, dass schneller studiert werden kann.

Wer dagegen einfach so oder aus Überzeugung lang studiert, der muss schon 'bestraft' - jawohl bestraft! - werden. Wo kämen wir denn auch hin, wenn Menschen ihre 'Freiheit' anders nutzten, als zum Zwecke, schnellst- und bestmöglich auf dem Arbeitsmarkt mitzuwirken. Und sei es als hochqualifizierte Arbeitslose. Denn es kommt schließlich, weiß der Teufel warum, nur alle Jubeljahre mal vor, dass Absolventen aus Fakultäten wie der Pädagogik in Massen von 700, 400 oder 200 Stück (was die Staatskasse eben hergibt) vom Arbeitsmarkt absorbiert werden. Manchmal werden sie auch wieder ausgespuckt - wie derzeit im Bereich der (nicht mehr so) 'Neuen Medien'.
Das ist leider Realität - darum zurück zur Lyrik des mit mehreren Stipendien durchs Studium gefütterten Wissenschaftssenators: "Studiengebühren sind eher Steuerungsmodelle als Finanzierungsquellen. Wir wollen dem Kunden Studenten ein Instrument geben, um Einfluss nehmen zu können." (HA, 13.11.) Das klingt nun wirklich interessant. Denn warum sollte man eigentlich den fleißigen Musterstudenten diesen sagenhaften Einfluss nicht zukommen lassen, dessen sich demnächst die Kollegen von der Bummelriege erfreuen?! Also: Der Senator verspricht schon mal Studiengebühren für alle als weitere Modernisierungsperspektive.

"Studiengebühren können erst etabliert werden, wenn es sozialverträgliche Stipendien und Darlehensmodelle gibt", sagte Dräger im Abendblatt. Das ist allerdings eine beruhigende Auskunft von jemandem, der befindet, Studiengebühren dienten dazu, das Studium zu verkürzen. Sozialverträglich in diesem Sinne ist wohl, wenn die von Dräger als Stipendiengeber anvisierten Unternehmen mittels Zuwendungen bereits vor Abschluss eines Vertrages Einfluss auf das Studienverhalten der künftigen Lohnabhängigen nehmen. Auch hier gilt: Hochschulpolitik ist Standortpolitik. Und weil das so ist, sagt Dräger: "Die neue Koalitionsvereinbarung sieht eine hohe Priorität für Wissenschaft und Forschung vor. Finanzierung von Wissenschaft ist aber nicht nur Aufgabe von Politik. Auch Industrie und Unternehmen sind aufgerufen, daran mitzuwirken." Das tun die sicher gerne - sozialverträglich, d.h. in diesem Falle steuerlich absetzbar.

"Das Wohl Hamburgs mehren", wie die Senatoren in ihrem Amtseid 'versprechen' bezieht sich in diesem Fall wohl nicht auf alle Hamburger.

Übrigens: Der Senator versteht sich als "Unabhängiger", da er kein Parteibuch hat. Diese Form von Unabhängigkeit findet das besondere Wohlwollen eines großen und ebenfalls sehr unabhängigen Kreditinstitutes: Die Vereins- und Westbank AG hat Herrn Dräger an die Uni eingeladen - wir sollten diese Einladung annehmen.

Die Veranstaltung "Zwischen Wissen und Rendite - Der Bildungsmarkt im Umbruch" findet am Montag, den 3. Dezember 2001, um 18:00 Uhr im Audimax der Universität statt.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Dienstag, den 20. November 2001, http://www.harte--zeiten.de/artikel_78.html