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Oder: Spekulation macht nicht satt

,,FaS: »Wie bewerten sie die Verstaatlichungswelle in Amerika?«
Stieglitz: »Das ist alles sehr bedenklich, denn die Lasten muß der Steuerzahler tragen. Wir reden hier über eine Gesamtsumme von mehr als 900 Milliarden Dollar. Kürzlich konnte Präsident George Bush nicht einmal einige Millionen Dollar lockermachen, als es um Gelder für kranke Kinder ging, die keine Krankenversicherung haben.[...]«
FaS: »Wer trägt eigentlich die Schuld an der Finanzkrise?«
Stieglitz: »[...] Meiner Meinung nach gabt es immer zu wenig Regulierung. Außerdem ist das Bonussystem der Banken zu kurzfristig angelegt. Dazu kommen die Steuersenkungen der vergangenen Jahre und die Kosten für den Krieg im Irak und in Afghanistan - das alles hat die Wirtschaft geschwächt.«“

Joseph Stieglitz, Wirtschaftsnobelpreisträger, im Interview mit der Frankfurter Allg. Sonntagszeitung, 21.09.2008.

,,Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“
Bertolt Brecht, Die Dreigroschenoper,1931.

In den USA hat die Regierung sich für riesige Stützungskäufe für die zusammenbrechende Versicherungs- und Bankenwirtschaft entschieden. In der Bundesrepublik sind u.a. 300 Millionen Euro bei der Rettung der privaten Lehman Brothers Bank durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) verschleudert worden. Das Geld kam zu spät. Die KfW ist eine staatliche Einrichtung, die im übrigen ihr Geld auch mit dem Geschäft mit Studienkrediten (zur Finanzierung von Studiengebühren) macht.

In Folge der politischen Entscheidung für die neoliberale Deregulierung des internationalen Handels und insbesondere der Finanzmärkte hat ein irrsinniges Umverteilungsprogramm seinen Höhepunkt erreicht. Der aus der Arbeit der Bevölkerungen gewonnene Gewinn, Zinsgewinne, Steuereinnahmen und Profite aus Privatisierungen öffentlicher Einrichtungen werden in Spekulationen wiederum zeitweise gewinnbringend auf den Finanzmärkten verwettet. Geht's schief, soll die so belastete Bevölkerung gleich noch einmal einspringen, damit diese schädlichen Kreditriesen im freien Fall aufgefangen werden können.

Diese internationale Profizockerei hat überhaupt keinen realistischen Bezug mehr zu der realen Produktion und damit sachlichen wirtschaftlichen Daten. Millionen Menschen werden so in Armut gestürzt. Die Volkswirtschaften der USA, Großbritanniens und Spaniens erleben dies im Moment in dramatischer Weise. Soziale Errungenschaften, Lohnsteigerungen, betriebliche Mitbestimmung, öffentliche und bedarfsgerechte Einrichtungen der Bildung und Kultur werden diesem System überall geopfert.

Die ökonomische Konkurrenz soll infolge dessen das ganze Leben dominieren. Damit sich die Menschen einpassen, werden alle mit permanentem Leistungsdruck konfrontiert. Jeder für sich und jeder gegen jeden. Verbreitete Angst vor individuellem Versagen gehört deshalb auch zu dieser Szene. Isolation, Anonymität, gebeugte Dienstfertigkeit, angestrengte Verklemmung oder überdrehte Oberflächlichkeit sind die wenig befriedigenden mentalen Haltungen, die sich verbreiten, wenn den ökonomischen Forderungen ängstlich nachgegeben wird.

Es ist also nicht nur eine Frage der (volks-)wirtschaftlichen Vernunft, den ermüdenden Forderungen der herrschenden Politik nicht nachzugeben. Gegen einen bedrückenden Alltag hilft am meisten, wenn die Beunruhigung ausgesprochen und ihre Gründe ermittelt werden. Es werden sich immer Mitmenschen in gleicher Lage finden. Gemeinsames Handeln für bessere Lebensbedingungen liegt dann nicht mehr in weiter Ferne. Auf die schädlichen privaten Institute und ihr dekadentes Management kann hingegen getrost verzichtet werden.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Dienstag, den 23. September 2008, http://www.harte--zeiten.de/artikel_766.html