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Frieden schaffen!
Gegenwärtig ist eine barbarische Eskalation globaler Gewalt zu erleben. An immer mehr Orten, überall auf der Welt intervenieren in den letzten Jahren die NATO-Staaten mit ihren Armeen, allen voran die USA. Nach den Anschlägen auf World Trade Center und Pentagon sind nun alle Dämme gebrochen: Die umfassende Ausweitung kriegerischer Aktivitäten ist erklärtermaßen das Programm von George W. Bush.
Dass die weltweit geführten Kriege noch nicht als "Dritter Weltkrieg" bezeichnet werden, liegt vor allem daran, dass bisher nicht - wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts - die imperialistischen Staaten gegeneinander Krieg führen, um die Welt untereinander aufzuteilen. Im Moment führen sie gemeinsam Krieg - aber aufgeteilt wird trotzdem. Indem sich die USA zum Beispiel in Afghanistan festsetzen, erhalten sie Zugang zu einer Region, die bisher insgesamt eher zur russischen Einflußsphäre gerechnet wurde. Dabei geht es sowohl um Rohstoffe als auch um die sich erst langsam entwickelnden Märkte, aber auch darum, Rußland und China im Zaum zu halten und sich selbst durch solche dauerhaften Unruheherde als Ordnungsmacht unentbehrlich zu machen.
Die europäischen Regierungen tun alles, um ebenfalls einen Fuß in die Tür zu bekommen. So ist beispielsweise Deutschlands Engagement beim Aufbau der Polizei in Afghanistan keine selbstlose Tat. Es ist vielmehr der Hebel dafür, später auch beim ökonomischen Wiederaufbau - man könnte auch sagen Ausverkauf - der Region mit dabei zu sein.
Gleichzeitig wachsen seit Jahren die Spannungen zwischen den Industriestaaten. Ob es die Verhandlungen zum Klimaprotokoll von Kyoto, zur Erweiterung der Konvention über Biologische Waffen oder noch andere Versuche internationaler Kooperation waren - alle scheiterten. Gegenwärtig herrscht ein Handelskrieg zwischen Europa und den USA um die Frage von Stahlimporten. Auch die Drohung, die mit der neuen amerikanischen Nuklearwaffenstrategie verbunden ist, richtet sich nicht gegen Terroristen in irgendwelchen Höhlen, sondern gegen potentere Gegner. Vermutlich ist in Europa kurzfristig nicht damit zu rechnen, dass Städte wie Hamburg, Paris oder Barcelona von Atombomben zerstört werden, aber die Rüstungsspirale, in die sich die USA hineinbegeben haben, ist selbstverständlich zu allererst eine Herausforderung an den stärksten Kontrahenten: Europa.
Europäische und amerikanische Repräsentanten mögen noch so sehr die transatlantische Partnerschaft beschwören - sie sehen sich dennoch als Gegner. Es ist ein wesentlicher Teil der Standortideologie, davon auszugehen, dass alle Wirtschaftsstandorte weltweit um die besten ökonomischen Bedingungen konkurrieren. Vor allem die Konkurrenz um den Zugang zu billigen Rohstoffen und lukrativen Märkten hat sich inzwischen derart zugespitzt, dass sie kaum noch mit zivilen Mitteln ausgetragen werden kann.
Vor diesem Hintergrund meinen deutsche Politiker, man müsse dabei sein, müsse mitmachen beim Krieg - angeblich auch, um mäßigend Einfluß zu nehmen - mit der Realität hat dieses Postulat nichts zu tun. Wer dabei sein will, wenn die ökonomisch und militärisch stärksten "Global Player" die Welt zwischen sich aufteilen, wer weiter mitmachen will in einer immer zugespitzter ausgetragenen weltweiten Konkurrenz, der wird die kontinuierliche Verschärfung von Ausbeutung, Unterdrückung, Gewalt und Terror nicht aufbrechen können.
Wer Einfluß nehmen will, darf nicht mitmachen, sondern muss aussteigen - aussteigen aus der Logik von Standortkonkurrenz und Militarisierung. Der darf sich nicht den Sachzwängen der Profitmaximierung unterwerfen, sondern muss danach fragen, was die Notwendigkeiten sind für eine menschliche, eine humane weltweite Entwicklung.
Und eine solche humane Weltordnung ist durchaus möglich. Die ökonomische Entwicklung und der Stand wissenschaftlich-technischen Fortschritts lassen ohne weiteres zu, dass alle Menschen in menschenwürdigen Verhältnissen leben können. Bessere und weitgehend gleiche Lebensbedingungen für alle Menschen weltweit wären schon möglich, wenn nur die unglaubliche Verschwendung beendet würde, die Militarisierung und Standortkonkurrenz verursachen.
Man denke nur an die Milliarden Euro, die in den nächsten Jahren für den Aufbau des europäischen Satellitennavigationssystems Galileo investiert werden sollen, in ein System, dass im Prinzip genau das selbe leisten wird, wie das bereits bestehende amerikanische Global-Positioning-System GPS. Doch da stets die Gefahr besteht, dass das amerikanische Verteidigungsministerium die Signale der Satelliten im Falle einer sicherheitspolitischen Krise verschlüsselt, muss die EU die Fähigkeiten von GPS noch einmal duplizieren und nimmt dafür gern mal wieder große Löcher in den Staatshaushalten in Kauf. Von den Billionen Euro die über die letzten Jahre weltweit direkt in Waffenentwicklung und Rüstungsproduktion verpulvert wurden gar nicht zu reden. Wenn all das zur Verfügung stünde für Arbeit, Bildung und Soziales, dann wäre es ein leichtes, bessere Lebensbedingungen für alle Menschen zu erreichen.
Eine zivilisierte und gerechte Weltordnung wird sich aber nicht erreichen lassen, wenn man sich nicht gegen diejenigen wendet, die von Militarisierung und Standortkonkurrenz profitieren. Seien es die Rüstungskonzerne, seien es Unternehmen, die aufgrund der weltweiten Konkurrenz niedrige Löhne und Sozialstandards durchsetzen, seien es jene, die an billigen Rohstoffen und lukrativen Märkten verdienen wollen.
Die enorme politische und ökonomische Macht mit der diese Profitinteressen vertreten werden, ist durchaus in der Lage, sich auch ganze Regierungen gefügig zu machen. Insofern ist es erforderlich so viel Druck zu entfalten, dass die Macht von Lobbyisten und Medienkonzernen, von Korruption und Populismus dagegen verschwindet. Solidarisch kooperativ muss in der Friedensbewegung gemeinsam mit Gewerkschaften, Parteien und Initiativen gegen Standortkonkurrenz und Militarisierung, für Demokratie und soziale Gerechtigkeit gestritten werden. Eine andere Welt ist möglich - und notwendig!