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Was aber sind ,,französische Verhältnisse“?
,,Bei den diesjährigen Wahlen zum Studierendenparlament treten erneut linke Gruppen an, die öffentlich >französische Verhältnisse< an unserer Uni fordern. Das heißt im Klartext: Gewalt ist für diese Gruppen absolut okay, wenn es um ihre Interessen geht. Sogenannte >Französische Verhältnisse< bedeuten nichts anderes als bewußte Randale, Zerstörungen und Ausschreitungen. Darüber ist die LHG entsetzt: Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung hat in der Demokratie nichts zu suchen.“
Werbekarte der "Liberalen Hochschulgruppe (LHG)"
,,Elsaß und Lothringen kann ich freilich dem deutschen Reiche nicht so leicht einverleiben, wie ihr es tut, denn die Leute in jenen Ländern hängen fest an Frankreich wegen der Rechte, die sie durch die französische Staatsumwälzung gewonnen, wegen jener Gleichheitsgesetze und freien Institutionen, die dem bürgerlichen Gemüte sehr angenehm sind, aber dem Magen der großen Menge dennoch vieles zu wünschen übriglassen.“
Heinrich Heine, Vorwort zu "Deutschland - Ein Wintermärchen"; Hamburg, den 17. September 1844.
Wenn die heutigen Hochschul-Liberalen Positives mit Frankreich verbinden, denken sie (immerhin) an gutes Essen in der Mensa - was allerdings durch soziale Kämpfe für die bessere öffentliche Subventionierung des Studentenwerks erwirkt werden müßte -, und sie träumen wahrscheinlich von Nicolas Sarkozy, dem Präsidenten mit der harten Hand, der gerade Atomtechnologie im Persischen Golf anpreist.
Denken sie an linke Gruppen, so fällt ihnen nur Lärm, Gewalt und die Störung der Büro-Ordnung sowie der Sofaruhe ein. So weit ist das Liberale heruntergekommen, und manche Kinder sind unterwürfiger geworden als sich ihre Eltern je haben träumen lassen.
Denken wir an Frankreich, so fällt uns neben gutem Essen und gutem Wein und dem legendären Citroën DS selbstverständlich die Aufklärung ein und die große bürgerliche Revolution von 1789: ,,Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“/Solidarität - ein beachtlicher menschheitsgeschichtlicher Emanzipationsschritt. Diese politisch-kulturelle Tradition wirkt fort, wenn sich Studierende, Lohnabhängige und Auszubildende (oft gemeinsam) gegen soziale Verschlechterungen wenden und für ihre Interessen engagieren. Liebe Liberale, das ist ihr gutes Recht und gehört unverzichtbar zur Demokratie. (Ganz nebenbei: Eine ewige Wirtschaftsordnung ist im bundesdeutschen Grundgesetz nicht festgeschrieben. Und: Der Neo-Liberalismus ist ein despotisches, ein geistfeindliches System.)
Von Frankreich lernen, kann also heißen, sich kritisch gegen die Übel für Aufklärung, Frieden, Demokratie, soziale Gerechtigkeit und die Kultivierung der Gesellschaft zu engagieren.
Das betrifft auch das Studierendenparlament, den AStA und den Akademischen Senat.
Wir brauchen - statt preußischen Gehorsams - bessere Lebens- und Studienbedingungen.
,,Ich traute nicht diesem Preußen, diesem langen, frömmelnden Kamaschenheld mit dem weiten Magen und mit dem großen Maule und mit dem Korporalstock, den er erst in Weihwasser taucht, ehe er damit zuschlägt. Mir mißfiel dieses philosophisch christliche Soldatentum, dieses Gemengsel von Weißbier, Lüge und Sand. Widerwärtig, tief widerwärtig war mir dieses Preußen, dieses steife, heuchlerische, scheinheilige Preußen, dieser Tartüff unter den Staaten.“
Heinrich Heine, Vorrede zu ,,Französische Zustände“; Paris, den
18. Oktober 1832.
Also: Vive la France!