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Hochmodern?
Neoliberalismus ist rückschrittlich
,,Offen ist, welche Kapriolen die Sozialgeschichte schlagen und welche Erfahrungen die Masse der Bevölkerung machen muss, um erneut in Aufruhr zu treten gegen Arbeitslosigkeit und Armut im höchst produktiven System des entwickelten Kapitalismus. Allemal schaffen die Regierungen, die politischen Parteien und die Medien in Wechselwirkung zueinander einen Mangel an theoretischem Verständnis der gegenwärtigen gesellschaftlichen Lage. Das Vakuum im Bereich des Politischen und Theoretischen füllt sich mit Alltagsverständnis und Plausibilitäten an. Aus diesem Stoff bildet der Neoliberalismus seine grundlegenden Annahmen und Basissätze. Er bestätigt das Unmittelbare, die platte Erfahrung. Die rationale, die theoretische Aneignung der sozialen Umwelt ist nicht sein Ziel.“
Herbert Schui, ,,Neoliberalismus: Theorie, Gegner Praxis“, Hamburg: VSA 2002.
Die menschliche Emanzipation, die Verwirklichung von ,,Freiheit, Gleichheit und Solidarität“ ist als lebendige Einheit eindeutig ein uneingelöster Anspruch. Die Universität ist grundsätzlich ein geeigneter Ort, um für seine Verwirklichung neuen Drive zu gewinnen.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Befreiung der Menschheit vom Krieg auf allen Ebenen einhergeht mit der Entmachtung der wirtschaftlichen Elite, die als Zweck der Ökonomie nicht die Deckung des gesellschaftlichen Bedarfs, sondern nur die Steigerung der Rendite anerkennt. Auch zu diesem Jahresende zeigen die Steigerung der Exportzahlen und die wachsende Kluft von Arm und Reich ein zu lösendes Gesamtproblem an.
Der spezielle Zweck der zum Neoliberalismus ideologisch durchgestylten Kommandowirtschaft ist deshalb vor allem die Durchsetzung der Unmündigkeit (und Anspruchslosigkeit) in der Bevölkerung in wirtschaftlichen, politischen und demokratischen Dingen. Dafür wird viel systematischer Blödsinn verbreitet. Dazu ist die Doktrin des ,,Ich tausche, also bin ich“ hinzuzuzählen.
Hochschulpolitisch bedeutet das: Nur wer kauft und verkauft, der zählt. Zu kaufen seien ,,Bildung“, Arbeitsmittel und Mitarbeiter. Zu verkaufen sei die Arbeitskraft und ,,das Wissen“. Wer sich nicht unkritisch einfügt, soll nicht bleiben. Neoliberalismus ist praktizierte Anti-Aufklärung, Feudalismus im Lifestyledress.
Dieses zerstörende Programm zu verschärfen ist auf den letzten Metern der Amtszeit des CDU-Senats die gemeinsame Absicht von Wissenschaftssenator Dräger und Uni-Kanzlerin Vernau (beide geschult in der Unternehmensberatungsagentur ,,Roland Berger“). Die für das Jahr 2008 beabsichtigte Einführung der sogenannten ,,Belastungs- und Leistungsorientierten Mittelvergabe“ (kurz: BLeiMiV) wäre gleichbedeutend mit der Zerstörung der hartnäckig erhaltenen ,,kleinen“ Fächer und der Verschärfung der internen Konkurrenz.
Dem ganzen kommerziellen Zwangs- und Selektionssystem sollte dringend vernünftig Einhalt geboten werden. Als politische Forderungen an Senat und Bürgerschaft der Stadt ergibt das:
– Die volle Wiederherstellung der Gremiendemokratie sowie die Verwirklichung verantwortlicher Hochschulautonomie.
– Die Umwandlung des Hochschulrats in ein gesellschaftlich repräsentatives Beratungsgremium mit starker Beteiligung von Hochschulmitgliedern aller Mitgliedergruppen.
– Vorbehaltlose bedarfsgerechte staatliche Hochschulfinanzierung.
– Die Abschaffung sämtlicher sozio-kultureller Gängelungen, insbesondere der Studiengebühren, der sog. leistungsorientierten Bezahlung und Mittelvergabe.
– Wiedereinschreibung der durch die Studiengebühren vertriebenen Studierenden.
– Aussetzung der BA/MA-Studiengänge bis sie durch eine in demokratischer Weise entwickelte Studienreform ersetzt werden.
– Die finanzielle und organisatorische Unterstützung für die Ersetzung von StiNe durch ,,von Unten“ bedarfsgerecht entwickelte lern-, kommunikations- und kooperationsunterstützende Organisationsformen.
Aufklärung ist das praktische Interesse der Mehrheit. Einzig Menschenwürde und Humanismus weisen vorwärts. Die gemeinsame engagierte Vernunft entscheidet. Hochschulreform ist Aufbruch, nicht Abbruch.
Akademischer Senat
am Donnerstag, den 22.11.2007, um 14 Uhr,
im AS-Sitzungssaal (Uni-Hauptgebäude, ESA1)