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Mit kritischer Geduld und oppositioneller Klarheit zur Entscheidung: Für Gebührenfreiheit
"Gott versah uns mit zwei Händen,
Daß wir doppelt Gutes spenden:
Nicht um doppelt zuzugreifen
Und die Beute aufzuhäufen
In den großen Eisentruhn,
Wie gewisse Leute tun -
(Ihren Namen auszusprechen
Dürfen wir uns nicht erfrechen -
Hängen würden wir sie gern.
Doch sie sind so große Herrn,
Philanthropen, Ehrenmänner,
Manche sind auch unsere Gönner,
Und man macht aus deutschen Eichen
Keine Galgen für die Reichen.)"
Heinrich Heine, "Zur Teleologie", 1855.
Die Uni-Leitung hat Ende letzter Woche der Presse mitgeteilt, nach der Versendung von 1.940 Exmatrikulationsdrohungen hätten nun 543 Studierende die Gebühr überwiesen, die Zahlungspflicht von 245 Studierenden werde erneut geprüft. 1.100 Studierende erhielten nun eine Exmatrikulation. Dieser Anteil entspreche dem üblichen Schwund.
Unter der Federführung der konservativen Präsidentin Auweter-Kurtz wird versucht, die restriktiven Absichten des CDU-Senats durchzusetzen. Warum?
Mit der Privatisierung bzw. Individualisierung der Bildung sollen die Lernsubjekte der privaten Ökonomie dienstbar untergeordnet werden: "Leistung" und "Verwertung" statt Mündigkeit und gesellschaftliche Problemlösung. Nicht die Bildungseinrichtung soll das Lernen lernen ermöglichen sowie soziale und kulturelle Lernbarrieren überwinden, sondern die Studierenden sollen der ökonomischen Norm entsprechen. Hier hat der Zwang seinen Ursprung.
Die kommerzielle Zurichtung ist für die Studierenden, die Universität und die Allgemeinheit erkennbar schädigend. Die Ablehnung dieses Zwangsmittels ist entsprechend verbreitet und durch weitere Aufklärungsarbeit politisch zu vertiefen. Deshalb drängt der immer weniger smarte Wissenschaft"manager" Dräger gegenüber den Hochschulen auf Exmatrikulationen. Anderenfalls würde das gesellschaftspolitische Scheitern seiner Hochschulpolitik vollends deutlich. Das wird es aber mit Politik der "harten Hand" ebenso: Auch aufgrund vielfacher solidarischer Bemühungen kritischer Aktiver wird der unsoziale Charakter der beabsichtigten Exmatrikulation von über 1.000 Kommilitonen manifest. An der Hochschule für bildende Künste (HfBK) - die weiterhin engagiert boykottiert - sollen über 250 Kommilitonen für ihren Protest abgestraft werden. "Lenkungsfunktion"!
Der Konflikt zwischen Kommerz einerseits und andererseits sozialem Fortschritt, kultureller Entfaltung und politischem Engagement für das Wohl Aller ist damit neu zugespitzt. In dieser Lage ist die dauerhafte Unterstützung der HfBKler und der Boykott der Gebühren zum Wintersemester 2007/2008 an allen Hochschulen die beste Konsequenz. Denn diese aufklärungsbasierte Aktion läßt die Perspektive solidarischen Lernens und allgemein nützlicher Entwicklung der Wissenschaften materiell wie kulturell sichtbar werden. Dafür ist auch erforderlich, daß die 1.100 Exmatrikulationen an der Universität solidarisch zurückgewiesen und die einmalige Zahlung der Gebühr allen ermöglicht wird. (Es sollte begründet "unter Vorbehalt der Rechtmäßigkeit" gezahlt werden. - siehe Rückseite.)
Das fortgesetzte oppositionelle Engagement ermöglicht, auf politischem und juristischem Wege die Gebühren wieder abzuschaffen, und gibt darüber hinaus bildungs- und stadtpolitischen Ausblick. Die Auseinandersetzungen zur Neuwahl der Bürgerschaft im Februar 2008 bietet als Phase der erhöhten politischen Aufmerksamkeit dafür gute Bedingungen.
Gemeinsam hat man gute Wirkung.
Dokumentiert
Hamburg, den 14.8.'07
"Denn nur der große Gegenstand vermag
Den tiefen Grund der Menschheit aufzuregen;
Im engen Kreis verengert sich der Sinn,
Es wächst der Mensch mit seinen größern Zwecken."
Friedrich Schiller, Prolog zum "Wallenstein", gesprochen bei der Wiedereröffnung der Schaubühne in Weimar im Oktober 1798.
Unter Vorbehalt
Liebe Kolleginnen und Kollegen vom "Team für Studiengebührenangelegenheiten",
daß die Studiengebühren sozial selektiv und pädagogisch dekultivierend sind sowie eine Revision der positiven Bildungsreform bedeuten und deshalb für alle Beteiligten eine Zumutung sind, haben wir Ihnen bzw. dem Zentrum für Studierende gegenüber mehrfach argumentativ und vielfach akzentuiert zum Ausdruck gebracht.
In diesem Sinne hat sich die Universität - mittels ihrer Gremien der Akademischen Selbstverwaltung und der Verfaßten Studierendenschaft - mehrheitlich und des öfteren gegen diese Maßnahme ausgesprochen.
Trotzdem erging an fast zweitausend Studierende jüngst ein sogenannter Exmatrikulationsbescheid.
Hierbei wurde nicht nur außer acht gelassen, daß auch nach - mißbilligter - Gesetzeslage die Zahlung von Studiengebühren erst ab dem Ende des laufenden Semesters erforderlich ist (siehe HfBK). Darüberhinaus fanden ebenso mancherlei Tatsachen (z.B. noch laufende Befreiungs- oder Widerspruchsverfahren, schon erfolgte Zahlungen, bisher noch gar nicht "erfaßte Fälle" etc.) keine Berücksichtigung. Dieses "Kuddelmuddel" zeigt die Falschheit der Gebühren selbst sowie die Verfehltheit des "Exmatrikulationsbescheides" an.
Studiengebühren werden in der Bevölkerung mehrheitlich abgelehnt; gut 11.000 Studierende an den Hamburger Hochschulen haben sich am Boykott der Studiengebühren beteiligt.
Wir bauen und orientieren darauf, daß die menschenunwürdigen und wissenschaftsfeindlichen Studiengebühren infolge der Aktivitäten im nächsten Semester und der Neuwahlen des Hamburger Senats zum Beginn des nächsten Jahres wieder abgeschafft werden.
Wir bauen auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen.
Deshalb zahlen wir die Gebühr nur unter Vorbehalt.
Mit freundlichen und kollegialen Grüßen
Birgit Bachmayer, Gunhild Berdal, Saskia Mestern, Till Petersen, Michael Schaaf, Golnar Sepehrnia, Olaf Walther