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"Nie wieder!"

"Sie tragen ein hohes Risiko, damit wir alle ein geringeres Risiko tragen."
Bundesinnenminister Schäuble bei der Trauerfeier für die drei in Afghanistan getöteten deutschen Polizisten, Berliner Dom, 17. August 2007.

"Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Krieg getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg."
Kurt Tucholsky, "Schnipsel", 1932.

Was geht da vor sich? - Im Kern der Hauptstadt, proper restaurierte Weltgeltungs-Fassaden kombiniert mit stil-gerechter Bertelsmannwerbung, da steht der protestantische Berliner Dom von Wilhelm II. "Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche"- Wilhelm. Der mit dem Zwirbelbart und der ersten waschechten deutschen Militär-Diktatur. Heute marschieren einige Blocks weiter Tom Cruise & Comparsen in Wehrmachtsgraugrün feudalen Widerstand auf Probe. Also: in diesem Kern der deutschen Hauptstadt wird der toten "Ordnungshüter" aus Bayern und Baden-Württemberg gedacht, die Mitte August in Folge eines Attentats in Afghanistan umkamen. Wer mag da in Zusammenhängen denken?

Wofür haben sich diese drei jungen Leute ermorden lassen? Wir erfahren: Für "Deutschlands" Interessen am Hindukusch, für "unser" geringes Risiko, für "Stabilität und Frieden" in Afghanistan. Tatsächlich sind sie für nichts dergleichen gestorben, so wie sie "im Ernstfall" hätten für nichts dergleichen Morden sollen.

Denn dieses Deutschland mit imperialen Interessen im Orient, ist schon seit über hundert Jahren das der Thyssens, Krupps und Siemens. Es sind einige Holdings dazu gekommen. Das Interesse bleibt das gleiche geldgeile Verlangen Weniger, die für ihre geschäftliche Aggressivität mit reichlich medialem Aufwand die dümmsten Affekte hervorbringen, schüren und ausnutzen: "Vaterland", "Nation", "unsere Weltgeltung" sowie neu "unsere Sicherheit" und "unser Mitleid" - what ever. Das Ergebnis ist immer das Gleiche: gemordete Mörder und Zivilisten auf allen Seiten. Aus der Geschichte ist unbedingt zu lernen. "Nie wieder!

Wogegen werden "wir" also wirklich in Afghanistan verteidigt? Gegen verzweifelte Selbstmörder, die weder verzweifelt noch Selbstmörder wären, würde sich die sogenannte zivilisierte Welt nicht permanent anmaßen, diese Länder militärisch zu gängeln und wirtschaftlich auszusaugen.

Wessen Stabilität und wessen Frieden schaffen die NATO-Armeen, die entsprechenden Polizeien und Geheimdienste in Afghanistan? Dieselbe, die sie auch in ihren Herkunftsländern herstellen: Die Friedhofsruhe des ausgreifenden Überwachungsstaates, der jeder Regung sozialer und kritischer Art zunehmend mit repressiven Mitteln beikommen will und einen rigorosen Marktradikalismus als Staats- und Wirtschaftsdoktrin verteidigt: "Homeland Security". Es ist jener "Dienstherr" Schäuble, der verfassungswidrig in Heiligendamm 100 Meter über den Köpfen von Demonstranten Tornados fliegen ließ, dessen Bedienstete nun den Aufbau eines "afghanischen Rechtsstaates" gewährleisten sollen. (Derweil dort Bundeswehr-Tornados Zielphotos an die us-amerikanischen Luftstreitkräfte übermitteln.)

Krieg schafft keinen Frieden. Das staatlich legitimierte Töten schafft kein Leben in Würde und Freiheit. Es ist vielmehr die organisierte Verrohung selbst. Von der Rohheit kommt keine Gerechtigkeit, von den Geschäften kein Fortschritt der Zivilisation.

Deshalb müssen die Besatzungsmächte - ob aus Irak oder Afghanistan - abziehen. Ihre Regierungen haben die erste Verantwortung dafür, in ihren Ländern die Geschäfte mit Waffen zu unterbinden. Ihre zweite Aufgabe ist die rein zivile Hilfe zum Wideraufbau. Auf den Friedenswillen der Bevölkerung in den verheerten Gebieten sollte dabei gesetzt werden.

Die Friedensbewegung in der Bundesrepublik kann mit stetigem öffentlichen Druck den Abzug der deutschen Truppen (nicht nur) aus Afghanistan erzwingen. Die US-Militärstrategie wird damit erheblich geschwächt. Nächste Schritte werden sich finden. Mitmenschlichkeit braucht keine Waffen.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Donnerstag, den 23. August 2007, http://www.harte--zeiten.de/artikel_620.html