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Ein Aufbruch ist nötig
"Denn aller gesellschaftlichen Solidarität zum Trotz ist der Mensch vor allem ein Egoist. Was kümmert es den Einzelnen, der sich schlecht behandelt fühlt, dass es der Welt insgesamt besser geht?"
Thomas Straubhaar, "Warum macht Globalisierung Angst?", F.A.Z. am Sonntag, 10.6.2007.
"Das Morden in Vietnam, das Hungern und Foltern in Lateinamerika, ebenso die Zustände im nächsten Knast und in der nächsten Fabrik - nichts konnten sie mehr von sich fernhalten, alles rückte ihnen auf die Haut und fragte sie: Muß das so sein? Muß das so bleiben? Was tust Du dazu, daß es so bleibt - oder dazu, daß es geändert wird?"
Helmut Gollwitzer, "Offener Brief an meinen Patensohn Lukas Ohnesorg", 20.09.1977.
Zehn Jahre nachdem am Rande einer Anti-Shah-Demonstration in Berlin Lukas Vater, Benno Ohnesorg, von einem Polizisten erschossen wurde, wandte sich mit diesem Brief der marxistisch orientierte Theologe Helmut Gollwitzer an seinen Patensohn. Mit teilnehmender Sympathie kennzeichnete er denn Aufbruch der 1968er Studentengeneration als tätige Hoffnung, als Aufbruch aus der biederen Enge der restaurativen Bundesrepublik, als entschlossenen Ausbruch aus resignierter Gleichgültigkeit für ein solidarisches Gemeinwesen sozial Gleicher, politisch und kulturell aufgeklärter, aufrecht engagierter Menschen. Sein Appell diesen fortschrittlichen Impetus gerade in Zeiten politischer Reaktion und privat-ökonomisch getriebener Gewalt und sozialer Willkür aufzugreifen, hat an Aktualität nicht eingebüßt. "Es ist der einzige Weg, der sich lohnt."
Thomas Straubhaar ist ein Apologet der anderen Seite. Er lehrt an dieser Universität neoliberale Makro-Ökonomie und leitet das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI). Er betätigt sich zuweilen als eine Art ghostwriter von Oles "Wachsender Stadt". Seine "Wissenschaft" ist die Denunziation der menschlichen Vernunft. Seine Berufung ist Katheder-Zynismus. Schon der soziale Wohlfahrtsstaat ist sein Gott-sei-bei-uns. Sein Marktextremismus ist autoritär: "Indianerarbeit wird nun im Überfluss angeboten und ist dadurch billig geworden. Hingegen fehlt es an Häuptlingen, um die Masse der Indianer zu führen."
Nun denn, wer "die Globalisierung", also aggressiv expandierenden Kapitalismus und Krieg, für "Freiheit" hält (oder als solche darstellt) und das Jeder-gegen-Jeden zur "menschlichen Natur" erklärt, der hat vom Menschen und seiner Geschichte so ziemlich gar nichts verstanden.
Das Denken, die Würde, die Hoffnung, die Verbesserung der eigenen Lage: das alles ist ein - am besten bewußt zu realisierendes - Verhältnis der Menschen zueinander. Wer dies erkennt, kann viel Gutes bewirken.
Gegen die Ohnmacht der Einzelnen in einer hochorganisiert rabiaten Geschäftswelt, also gegen den Ursprung der Angst, ist Solidarität am meisten wirksam.
Keine Erpressung, auch nicht die der Studiengebühren, kann gegen Aufklärung und oppositionelles, solidarisches Engagement bestehen.
Ein gelingender Boykott kann Jörg Dräger zwingen, sich einen neuen Job zu suchen. Seine Kollegen werden ihm dann bald folgen müssen.
Wer mit dieser Richtung aufbricht, richtet auch andere auf.