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Vernunft: Die Macht des Schönen

"Wir haben die Lande gemessen, die Naturkräfte gewogen, die Mittel der Industrie berechnet, und siehe, wir haben ausgefunden: daß diese Erde groß genug ist; daß sie jedem hinlänglich Raum bietet, die Hütte seines Glückes darauf zu bauen; daß diese Erde uns alle anständig ernähren kann, wenn wir alle arbeiten und nicht einer auf Kosten des anderen leben will; und dass wir nicht nötig haben, die größere und ärmere Klasse an den Himmel zu verweisen."
Heinrich Heine, "Die romantische Schule", Drittes Buch, 1835.

"1. Rufer: Gegen Klassenkampf und Materialismus, für Volksgemeinschaft und idealistische Lebenshaltung! ,Ich übergebe der Flamme die Schriften von Marx und Kautsky."
"Feuerspruch" des NS-Studentenbundes zur "Bücherverbrennung" 1933.

Ein besseres Leben aller - Frieden, soziale Egalität und solidarische Entwicklung - und seine Grundlagen sind seit langem vielfältig und gedankenreich vorgezeichnet. Die notwendige Verwirklichung dieser Perspektive hat Gegner. Für die Orientierung auf die Verwirklichung besserer Zeiten müssen wir uns also kritisch erinnern:

Der deutsche Faschismus hat zwischen 1933 und 1945 einen ganzen Kontinent in Blut geworfen. Er hat die kalkulierte Brutalität gewinnlüsterner Geschäfte (zutage) treten lassen. Er war das letzte Mittel der ökonomischen Elite und ihrer servilen politisch-kulturellen Stützen, die beide mit dem Ersten Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise gänzlich ihre gesellschaftliche Legitimation eingebüßt hatten, eine vernünftige Umgestaltung der sozialen Beziehungen gewalttätig abzuwenden.

Eine frühe Inszenierung der braunen Diktatur war die "Bücherverbrennung". Sie war der Höhepunkt einer mehrwöchigen Kampagne des NS-Studentenbundes sowie des Dachverbandes der "Deutschen Studentenschaft" gegen Hochschulangehörige aus dem jüdischen Kulturkreis, sowie gegen Linke, Liberale und jeden Ansatz von Vernunft und Humanität in den Wissenschaften. "Reichsweit" wurden allein zwischen dem 10. und dem 20. Mai etwa eine Million Bücher vernichtet. Als die Werke ins Feuer geworfen wurden, riefen ausgewählte NS-Studenten hetzerische Parolen (s.o.), mit denen man sich z.B. gegen den "moralischen Verfall" durch Literatur Heinrich Manns und Erich Kästners oder gegen "Frechheit" und "Anmaßung" bei Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky wandte: die ungeschminkte Kritik gegenüber einer dekadenten Oberschicht und wider den deutschen Kadavergehorsam wurde ebenso verabscheut wie Humor und die messerscharfe Analyse unerträglicher sozialer Zustände. Verbrannt wurden unter anderen Werke von Marx bis Freud, von Kafka bis Brecht, von Erich Maria Remarque bis Romain Rolland, von Klaus Mann bis W. I. Lenin.

An diesem Autodafé beteiligte sich die Hamburger Studentenschaft am 15. Mai mit einer Aktion am Kaiser-Friedrich-Ufer in Eimsbüttel.

Ziel der Maßnahme war die Beseitigung des gesamten humanistischen und aufklärerischen Erbes zur Stabilisierung der Diktatur und Vorbereitung des Vernichtungskrieges. Menschliche Gleichheit und Frieden, Wahrhaftigkeit und heitere Entwicklung, Anteilnahme und Courage sollten so selbst als kulturelle Inhalte ausgelöscht werden.

Dies ist nicht gelungen. Im Gegenteil gewann das historische Erbe im Kampf für die Befreiung vom Faschismus an Bedeutung und die Gegnerschaft nährte die Seite engagierter Vernünftiger. Eine neue, bessere Gesellschaft ist vielfältig und reich an Analysen, Konzepten und Strategien vorgezeichnet und teilweise realisiert worden. Es gibt weiter viel Gutes zu bewirken.

Auch deshalb erinnern wir die Verfemten, Verfolgten und Ermordeten, ihre Werke und ihre Ideen. Nicht zuletzt, weil Klugheit, Mut und Schönheit unzertrennlich sind. So verstanden sind aufgeklärte Literatur, couragierte Kunst und kritische Wissenschaft Lebensmittel - die Macht des Schönen.

Lesung "Bücherverbrennung: Nie wieder!"

V.i.S.d.P.: Olaf Walther & Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
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Veröffentlicht am Montag, den 7. Mai 2007, http://www.harte--zeiten.de/artikel_588.html