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Antrag der Fraktionen von FSB, juso-hsg und Liste LINKS an das Studierendenparlament der Universität Hamburg zur Sitzung am 27.01.2005

Veränderung beginnt mit Opposition - Opposition braucht Perspektive

Für ein gebührenfreies Studium

"Ich habe nichts gegen Klassenjustiz; mir gefällt nur die Klasse nicht, die sie macht."
Kurt Tuchulsky: Auf dem Nachttisch (1930). Gesammelte Werke Band 8, S. 49

Das Bundesverfassungsgericht hat am 26. Januar 2005 die Aufhebung (des bundesweiten, grundsätzlichen Studiengebührenverbots für das Erststudium durch das Hochschulrahmengesetz beschlossen. Dieses Urteil ist falsch. Es wird damit dem politischen Druck von Medienkonzernen und Vertretern der Großunternehmen (Bertelsmann, Springer, BdI und BDA, Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ...) nachgegeben, die seit Jahren die Wiedereinführung von Studiengebühren forcieren.

Die Gebührenfreiheit (des Hochschulstudiums in der Bundesrepublik ist eine Errungenschaft der fortschrittlich orientierten Studentenbewegung und der entsprechenden außerparlamentarischen Bewegung Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre. Erkämpft wurden damals die soziale Öffnung der Hochschulen, ihre Demokratisierung sowie ein stärker kritischer Gesellschaftsbezug in den Wissenschaften. Die Abschaffung der bis dahin üblichen Studiengebühren war notwendiger Bestandteil dieser Entwicklung und ihrer Errungenschaften. Der Ruf nach Wiedereinführung der Studiengebühren, der seit Ende der 80er Jahre hallt, ist somit der Ruf konservativer und neoliberaler Kräfte nach der Revision dieser positiven Bildungsreformen.

Studiengebühren wirken der sozialen Öffnung entgegen
Jede Verbindung von Bildungsmöglichkeiten mit der strukturell ungleichen privaten Einkommens- und Vermögensverteilung in der Gesellschaft führt zu entsprechender Ungleichheit in der Bildung. Dieser Ausgangslage kann auch kein noch so ausgefeiltes Gebührensystem entgegen wirken.

Studiengebühren wirken antidemokratisch
Die Studierenden werden zu Kunden, die dem "Dienstleistungsunternehmen" Universität
gegenübertreten, um die "Ware" Bildung käuflich zu erwerben. Das Angebot-Nachfrage-Prinzip soll die kooperative Entwicklung von Wissenschaft in gemeinsamen Entscheidungsprozessen aller Hochschulmitglieder ersetzen.

Studiengehühren wirken antiwissenschaftlich
Das grundlegende Verhältnis der Ware-Geld-Beziehung, d.h. des Verfügens durch Kauf, soll durch die Gebühren eingeführt werden.
Studierende seien Humanressourcen oder individuelles Rohmaterial und investieren in sich selbst, indem sie sich die Dienstleistung Wissenschaft käuflich erwerben. Wer dann brav lernt und so sein persönliches Rohmaterial wohlfeil geformt hat, soll auf den Markt gehen und sich meistbietend verkaufen.
Auf diese Weise soll die allgemeine Konkurrenz durchgesetzt werden: Diejenige Hochschule ist number one, die am meisten marktgängige Dienstleistungen anbietet, welche die Studierenden käuflich erwerben, um ihrerseits den gegebenen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt unkritisch Rechnung tragen zu können.
Die privatwirtschaftliche Verwertung menschlicher Qualifikation und der Persönlichkeit gilt hierbei als gewissermaßen natürlich gesetzte Größe.
Inhalt. Methode. Ergebnis und Motivation der Arbeit werden rein abstrakt quantifiziert nach Maßgabe der Realisierung ökonomischer Gewinne im nationalen und internationalen Wettbewerb. The winner takes it all.

Studiengebühren sind menschenfeindlich
Die Furcht vor Demütigung, sozialer Ausgrenzung und versagter gesellschaftlicher Anerkennung soll alle treiben: 'leistungswillig', rücksichtslos, gleichgültig, egomanisch, stupide und leblos. Wer mit Bildung und Wissenschaft allgemein Nützliches anstrebt, die Welt kritisch begreifen und verändern will und an anderen interessiert ist, gelte als Schmarotzer.
Das gehetzte Erfüllen der fremdgesetzten Norm soll dem Eingeschüchterten als eigener Wunsch erscheinen. Dieser Versuch der Selbstbehauptung verschärft die Konkurrenz und Isolation und macht den Uni-Alltag unerträglich.
Dazu sagen wir ,,Nein“

Der Kampf gegen Studiengebühren ist der Kampf für gesellschaftlichen Fortschritt
Besonders in gesellschaftlichen Krisenzeiten dürfen Bildung und Wissenschaft nicht mittels Studiengebühren ihres emanzipatorischen Potentials beraubt werden, durch kritische Erkenntnis und emanzipatorischen Subjektentfaltung zur Überwindung gesellschaftlicher Probleme beizutragen. Den Menschen muß Bildung und Wissenschaft sozial verantwortliche Entfaltung ermöglichen.

Wissenschaftliche Problemlösung, kritischer Gesellschaftsbezug, kooperative Persönlichkeitsentfaltung, demokratische Entwicklung sozialer Bedingungen, solidarische und friedliche internationale Entwicklung auf der Grundlage qualifizierten politischen Wirkens stehen der dequalifizierenden Entdemokratisierung wissenschaftlicher Ausbildung mittels der geplanten Ordnungspolitik und Kommerzialisierung der Hochschulen diametral entgegen.
Insofern ist kritischer Widerstand unerläßlich. Begründete Forderungen für eine soziale, humanistische und demokratische Bildungs- und Gesellschaftsentwicklung sind streitbar in die öffentliche Auseinandersetzung zu bringen!

Die Organe der Verfaßten Studierendenschaft werden sich den Kampf gegen die Gebühren zur zentralen Aufgabe machen:

 Das Studierendenparlament ruft zur Teilnahme an den von der studentischen Vollversammlung am 26.01.2005 beschlossenen Aktivitäten auf.

 Das Studierendenparlament bildet einen Ausschuß ,,Für ein gebührenfreies Studium“ mit Mitgliedern des Studierendenparlaments. VertreterInnen des AStA und der Fachschaftsrätekonferenz.

 Der Ausschuß initiiert die Bündnisarbeit mit den sozialen Bewegungen auch außerhalb der Hochschule. Insbesondere wird eine Gegenkampagne zur Anzeige der ,,Initiative neue Soziale Marktwirtschaft“ gemeinsam mit den Gewerkschaften angestrebt.

 Die Verfaßte Studierendenschaft der Universität Hamburg wird ihre Aktivitäten in enger Zusammenarbeit mit den Studierendenvertretungen anderer ASten, sowie den bundesweiten Zusammenschlüssen (fzs, abs) realisieren.

 Der ASTA wird sich nicht auf die Beratung, Betreuung und teilweise Befreiung von gebührenpflichtigen Studierenden beschränken. Der AStA wird alle politischen und juristischen Mittel ausschöpfen, um gegen jegliche Art von Studiengebühren vorzugehen.

Veröffentlicht am Donnerstag, den 27. Januar 2005, http://www.harte--zeiten.de/dokument_573.html