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Relevante Unterschiede sozialdemokratischer Politik
"Die historische Erfahrung hat gezeigt, daß Reparaturen am Kapitalismus nicht genügen."
Berliner Programm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, 1989.
"Der globalisierte Kapitalismus darf jedoch nicht sich selbst Überlassen werden."
"Bremer Entwurf" für ein neues Grundsatzprogramm der SPD, 2006.
Ehrlich gesagt, ist der "globalisierte Kapitalismus" nicht der betreuungswürdige Nachbar von nebenan, sondern eine menschlich geschaffene, überwindenswerte Katastrophe. Darauf bezogen ist allerdings sozialdemokratische Mehrheitspolitik seit 1990 zunehmend: die üblen Erscheinungen kapitaler Profitgier mildern und mit dem Versprechen massenhaften individuellen Aufstiegs die sozialen und kulturellen Emanzipationbestrebungen der Mehrheitsbevölkerung einschränken. Dafür werden globale Probleme lediglich oberflächlich benannt und abgehandelt. Das ist die verärgernde Quintessenz des gegenwärtigen "Programmentwurfs" für die SPD und der Regierungspolitik der Sozialdemokraten in der großen Koalition.
Idealerweise ist die Sozialdemokratie eine Partei sowie eine Reformbewegung für die Verbesserung der Lebensbedingungen aller. Für die 1970er Jahre kann davon gesprochen werden. Die Aussage des gegenwärtigen Parteiprogramms, "Reparaturen am Kapitalismus genügen nicht", entspringt der Einsicht, daß die schärfste Variante dieser menschenunwürdigen Formation Faschismus und Weltkrieg waren und ihre gesellschaftlichen Wurzeln (die profitorientierte Ausbeutung der Mehrheit durch Wenige) deshalb tendenziell zu überwinden sind. Das Schlimmste möge dauerhaft verhütet werden.
Diese Absicht ist richtig, aber unbefriedigend, zurückhaltend. Wie soll die Gesellschaft, wie soll das Leben stattdessen sein? Frieden ist nicht, wenn man mit dem System Frieden gemacht hat.
Zumutungen aller Art sind kein unabänderbares Schicksal. Die Welt, die Politik, die Kultur, das Alltägliche ist nicht alternativlos, sondern gestaltbar. Die solidarische Assoziation und das kooperative Kritisieren, Verstehen und nachdrückliche Verbessern der eigenen Lebensbedingungen sind motivierend und wirksam für bessere Zeiten. Diese aufgeklärte Lebensweise ist das erfreuliche Gegenprogramm zur vereinzelnden Resignation angesichts eines unbefriedigenden Alltags und zur schrillen Spaßdoktrin neoliberaler Provenienz.
Die Freiheit von sozialer Not und sinnvolle Arbeit sind sowohl notwendig als auch möglich als Grundbedingungen menschenwürdigen Lebens und gesellschaftlicher Progression. Gesundheit, Bildung und Kultur müssen für alle verbindlich realisiert werden. Die demokratische Partizipation aller am gesellschaftlichen Entwicklungsprozeß, dafür die umfassende Demokratisierung aller Arbeitszusammenhänge und öffentlicher Einrichtungen sind unverzichtbar.
Der Krieg muß aus den internationalen Beziehungen und dem Alltag verbannt werden.
Wir begreifen "eine Politik für den Frieden als wahre Realpolitik dieser Epoche." (Willy Brandt)
Der eigene Beitrag in Richtung menschlicher Bedingungen ist gesellschaftlich und persönlich entscheiden.
Das ist unsere Position und Perspektive.
Andere Sozialdemokraten sind Pflegerinnen und Pfleger am Krankenbett des Kapitalismus.