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Es ist eine Systemfrage

,,STiNE“ wacht über den Gehorsam

,,Die Akkumulation von Humankapital wird zunehmend zu einem treibenden Faktor des wirtschaftlichen Wachstums.“
Leitbild des Hamburger Senats: ,,Wachsende Stadt“, Juli 2002.

,,Die Anstalt dient einem Zweck: Menschen sollen in ihr aufbewahrt, gebessert, gedrillt, erzogen, zur Arbeit angeleitet werden ... aber in allen regiert über Menschen und Sachen der soziale Geltungsdrang einer herrschenden Klasse.“
Kurt Tucholsky, ,,Die Anstalt“, 1929.

Mit konservativer Unzweideutigkeit regiert der Sunny-Beust unter Regie der Handelskammer seit nunmehr fünf Jahren. Sein Senat verfolgt eine sozial und kulturell rigide Ordnungspolitik gegen die Bevölkerung. Es zählt allein die Standorttauglichkeit; wer in das kapitalfromme Verwertungsraster nicht paßt, soll das Fürchten lernen. In dem ,,Konzept“ der urbam steigenden Renditen gelten die Hochschulen als ,,moderne“ Werkzeugfabriken; das zu verarbeitende Rohmaterial sei der Mensch (,,Humankapital“). Im krassen Widerspruch zu den Erfordernissen einer humanen Gesellschaftsentwicklung sollen hier wissenschaftlich Tätige für die internationale Konkurrenz geschmeidig gemacht werden. Chronische Unterfinanzierung, marktorientierte Wissenschaftsförderung, Teilprivatisierung und Verkauf von Uni-Gebäuden, Studiengebühren, ,,Leistungs“-Besoldung sowie verschulte Ba/Ma-Studiengänge sind Ergebnisse dieses kommerziellen Zwecks.

Die gestuften Studienabschlüsse sollen emanzipatorisches Lernen und Handeln ins stramme Korsett entsprechender Studienordnungen zwängen. Obgleich diese menschenfern und unvernünftig sind, waren darin mit sozialem Engagement, kritischem Verstand und kollegialer Zusammenarbeit zwischen Lehrenden, Verwaltung und Studierenden noch Wege solidarischer Problembewältigung zu schaffen. Nun sollen alle der totalen Gehorsamskontrolle im sogenannten Studien-Informationsnetz ,,STiNE“ unterworfen sein.

Das wenig aparte System mit dem aparten Namen ist wahrhaft eine einzigartige Katastrophe. Die okkupierende Verwaltungssoftware ist teuer, arbeitsintensiv, unsozial und beschwerlich (TAUB) für alle. Es verschärft den Mangel an Studienplätzen, beschränkt nochmals das fächerübergreifende Lernen, produziert Bissigkeiten, frustrierende Isolation vor Bildschirmen und provoziert offensichtlich neue Beschränkungen und Beschränktheiten (Die Zahl der teilnehmerbeschränkten Lehrveranstaltungen stieg von 500 auf 2000.)

Die immensen Probleme bei der Einführung von ,,STiNE“ sind darum keine ,,Startschwierigkeiten“. Hier steht vielmehr die planmäßige Verdinglichung des Menschen für ökonomische Privatinteressen gegen die gesellschaftliche Notwendigkeit sozialer Verantwortung, kritischen Gesellschaftsbezugs, freudiger Kooperation und optimistischen Veränderungswillens einer allgemeinwohlorientierten demokratischen Wissenschaft.
Dies ist auch auf der letzten Sitzung des Akademischen Senats, reich an Verärgerung und Argumenten, unter vielzahliger Beteiligung studentischer Öffentlichkeit unmißverständlich zum Ausdruck gekommen.

Die Einführung von ,,STiNE“ ist also ein kapitaler Fehler. Sie verschärft bestehende Probleme und dient gleichzeitig ihrer Verschleierung unter dem fadenscheinigen Deckmantel der ,,Modernität“. Die Abschaffung dieses Verwaltungssystems ist deshalb ebenso notwendig wie die begründete Opposition zu der Politik und dem gesellschaftlichen Gefüge, das solche technokratischen Zwangsmittel hervorbringt.
Der allseitigen Unzufriedenheit kann weiterhin mit einer Kultur aufgeklärter Widerständigkeit Ausdruck und Änderung verliehen werden.
Der Schaden ist abzuwenden, der Nutzen zu mehren.

V.i.S.d.P.: Olaf Walther & Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
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Veröffentlicht am Donnerstag, den 2. November 2006, http://www.harte--zeiten.de/artikel_498.html