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Angst oder Hoffnung?

Eine oppositionelle Programmatik zum Semesterbeginn

,,Me-ti sagte: Erst wenn die Gleichheit der Bedingungen geschaffen ist, kann von Ungleichheit gesprochen werden. Erst wenn die Füße aller gleich hoch stehen, kann entschieden werden, wer höher ragt als andere.“
Bertolt Brecht, Me-Ti - Buch der Wendungen.

,,Wir haben erst vor wenigen Jahren begonnen, das Thema [Exzellenz] in den Vordergrund zu rücken. Die süddeutschen Länder sind länger dabei. Und sie haben auch nicht vor 30 Jahren damit aufgehört.“
Wissenschaftssenator Jörg Dräger zum ,,Exzellenzwettbewerb“ der Bundesregierung, in ,,Die Welt“ vom 14. Oktober 2006.

Wer jetzt studiert, ist mit den Dogmen ,,Leistung“, ,,Schnelligkeit“ und ,,Elite“ konfrontiert.
Unter der Flagge der ,,Exzellenz“ sollen Lernende und Lehrende für die ökonomische Kampfbahn der ,,Standortkonkurrenz“ getrimmt werden. Jörg Dräger, Karrieremensch und Technokrat, will dafür mit dem humanistischen Klimbim der ,,Alt-68er“ aufräumen. (Soziale Offenheit, demokratische Verfassung, kritische Verantwortung von Wissenschaft und Bildung sind an der Uni Hamburg seit Ende der 1960er verankerte Entwicklungsziele - anders als in München.) Also soll das Studium durch scharfe Zulassungshürden, permanente Prüfungen, selektive Studiengänge (BA/MA) und Gebühren zu einem Überlebenstraining für die Marktwildnis deformiert werden.
Als ,,modern“ gilt die permanente Auslese des nicht Geldwerten. Wer so ,,denkt“ und handelt, ist vom Mensch-Sein ängstlich angewidert.

Fremdgesetzte Normen hemmen das Lernen und damit die menschliche Entfaltung. Man braucht ein eigenes, humanes Programm.

Die Freude an der Erkenntnis, am gemeinsamen Lernen und an wacher, vernünftiger Anteilnahme am gesellschaftlichen Leben sowie die Hoffnung auf einen solidarischen Studienalltag ist darum richtig und verfolgenswert.
Neugier auf die menschliche Kultur und Geschichte, die Erkenntnis der Natur, Technik und des sozialen Seins und das für alle nützliche Lernen ist persönlich und gesellschaftlich unerläßlich. (Nebenbei kommt man damit auch der Wahrheit näher.)

Der (kapitalistische) Alltag ist gefräßig, aber menschengemacht und damit veränderbar. Hier sollte niemand bestehen wollen; hier muß verändern, wer aufrecht vorwärts kommen will.

Weiterhin ist also den Studiengebühren der Kampf anzusagen; soziale Progression lebt von gesellschaftlicher Opposition. Die historisch bewußte Widerständigkeit gegen gesellschaftliche Ungleichheit und rechte Apologetik sowie die Verhinderung eines Krieges gegen den Iran sollten gemeinsame Bezugspunkte studentischer Aktivitäten sein.
Hilfreich dafür ist die kritische Mitwirkung in den Orientierungseinheiten, gegenseitige Hilfe in solidarischen Lerngruppen, (hochschul-) politische Wachsamkeit, Selbstorganisierung in Fachschaftsräten sowie politischen Gruppen und die heitere Gegnerschaft zu akademischem Popanz und modischem Imponiergehabe .

,,Erwarte keine andere Antwort als die deine.“, heißt es bei Bertolt Brecht.

Wer sich den Mitmenschen zuwendet, hat begründet Hoffnung. Was zählt ist die Solidarität.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 23. Oktober 2006, http://www.harte--zeiten.de/artikel_495.html