Menü | HomePublikationenBAE!: harte zeiten und Liste LINKS › Flugblatt von Liste LINKS und harte zeiten vom

Das Prinzip Frieden

,,Aber, das weiß ich, ist Pflicht: wenn man die Wahrheit lehren will, sie ganz oder gar nicht zu lehren; sie klar und rund, ohne Rätsel, ohne Zurückhaltung, ohne Mißtrauen ihre Kraft und Nützlichkeit zu lehren; und die Gaben, welche dazu erfordert werden, stehen in unserer Gewalt.“
Gotthold Ephraim Lessing, ,,Über die Wahrheit“.

In dieser Woche besucht George W. Bush die Bundesrepublik.

In der letzten Woche hat die Universität Hamburg den Physiker Wolfgang K.H. Panofsky für sein wissenschaftliches Friedensengagement mit der Verleihung der Ehrensenatorenwürde ausgezeichnet und ein Zentrum für Naturwissenschaft und Friedensforschung eingerichtet.

Wolfgang Panofsky, der 1919 geborene Sohn des von den Nazis aus Hamburg vertriebenen Kunsthistorikers Erwin Panofsky, hat im Zweiten Weltkrieg für das US-amerikanische Atomwaffen-Projekt geforscht. Die verbrecherische Qualität dieser Waffen wurde ihm nach Hiroshima und Nagasaki deutlich: ,,Gegen Atomwaffen kann sich keiner verteidigen.“ Seither ist er für die Abrüstung, das Verbot und die Elimination dieser Massenvernichtungswaffen engagiert. Der Physiker setzte sich als US-Regierungsberater hierfür ein. Er wendet sich gegen die Manipulation wissenschaftlicher Erkenntnisse für die Kriegspolitik der Bush-Regierung. Der Gewürdigte betonte, daß in Zeiten der Atombombe Wissenschaft und Politik gemeinsam der Gesellschaft eine humane Entwicklungsrichtung geben müssen. Mit ihm wurde der unermüdlich kritische Umgang mit neuen Erkenntnissen als stete Aufgabe aller wissenschaftlich Tätigen gewürdigt.

Die Eröffnung des nach dem Physiker und Philosophen C. F. von Weizsäcker benannten ,,Zentrums für Naturwissenschaft und Friedensforschung“ (ZNF) war ein weiterer Höhepunkt friedenspolitischen Wirkens an der Universität. Festredner Ernst Ulrich von Weizsäcker plädierte energisch für die Kritik der Zwecksetzung wissenschaftlicher Arbeit in Zeiten des ,,Shareholder-Kapitalismus“. Interessen an Gewinn und militärischer Überlegenheit würden durch die Vergabe von Forschungsgeldern die Naturwissenschaften dominieren. Diese zynische Tendenz sei in den USA am ausgeprägtesten. So wachse die Bedrohung der gesamten Menschheit und werde das Elend der ,,Dritten Welt“ verschärft. Sein vernünftiges Credo: Erst ein an Frieden und Demokratie orientiertes Verständnis des Wissen-Schaffens macht neue Erkenntnisse für die Menschheit nutzbar.

Auch Egon Bahr sprach für die Priorität des Friedens in Wissenschaft und Politik. Gewaltverzicht und Abrüstung sollten hier für alle leitend sein. Der Stand der Rüstung verweise auf eine gesellschaftliche ,,Geisteskrankheit im fortgeschrittenen Stadium“. Mit Ende des Systemkonflikts sei wider alle Vernunft die ,,Hoffnung auf Sieg“ zurückgekehrt. Die US-amerikanischen Supermachtpolitik, geostrategische und Rohstoffinteressen und diskriminierende Terror-Verdächtigungen seit ,,9/11“ säten den Krieg. In und durch Europa sei die Aufklärung zu stärken und eigene Initiative für weltweite Abrüstung zu ergreifen. Erforderlich sei aber auch, ein machtpolitisches Gegengewicht zu den USA zu bilden, ohne in einen Rüstungswettlauf einzutreten (eine EU-Armee, wie sie Egon Bahr vorschwebt, brauchen wir allerdings nicht).

Beide Festredner unterschätzen zwar die Wirkung friedenspolitischer Bewegung für menschliche Gleichheit durch sozialen Fortschritt. Aber weitreichend eindeutig ist: Das Erringen und Sichern des Friedens ist für alle notwendig. Forschung und Lehre dürfen sich dem partikularen Interesse an Gewinn und Macht nicht anheim stellen.

In dieser Woche wird der Akademische Senat über die Wählbarkeit der Rüstungsforscherin Monika Auweter-Kurtz zur Uni-Präsidentin diskutieren. Ein ,,Nein!“ zu diesem Vorschlag ist die erforderliche Fortsetzung friedenswissenschaftlicher Aktivitäten der Universität.

Das Prinzip Frieden ist das Prinzip Vernunft. Das hat Geschichte, Maßstab, Vorbilder und Perspektive.

V.i.S.d.P.: Olaf Walther & Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
und Liste LINKS - Offene AusländerInnenliste . Linke Liste . andere Aktive
Veröffentlicht am Donnerstag, den 6. Juli 2006, http://www.harte--zeiten.de/artikel_470.html