Menü | Home › Anträge und Beschlüsse › Beschluß des Akademischen Senats vom
Entwicklungsperspektiven für die Universität Hamburg
I.
Die europäischen Regierungen haben 2001 in Lissabon vereinbart, die Forschungs- und Entwicklungsausgaben bis 2010 auf 3 Prozent des Bruttosozialprodukts anzuheben, um Europa zum wettbewerbsfähigsten und innovationsstärksten Wissenschafts- und Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Das erfordert in den nächsten Jahren eine jährliche Erhöhung der Wissenschaftsausgaben um mindestens 5 Prozent. Angesichts der langjährigen Vernachlässigung der Hochschulen durch die Bildungs-, Wissenschafts- und Finanzpolitik müssen diese Mittel vor allem den Hochschulen zufließen.
Auch die politische Diskussion in Deutschland hat den Stellenwert von Bildung und Wissenschaft wieder in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Das entspricht der zentralen Bedeutung der Hochschulen für die Entwicklung einer international attraktiven und den Zukunftsanforderungen gewachsenen Wissenschaftslandschaft.
Diese Zielsetzungen müssen in gleicher Weise für Hamburg gelten. Die Stadt kann ihr exzellentes wissenschaftliches Potenzial nur durch konsequente Stärkung der Hochschulen weiter entwickeln und nutzen. Sie muss ihre Wissenschaftsausgaben deutlich erhöhen. Nachdem die Universität Hamburg in den zurückliegenden Jahren jede sechste Stelle streichen und jeden sechsten Euro einsparen musste, sind alle Reserven erschöpft. Innovationen, strukturelle Reformen und die überfällige Verbesserung der Studienbedingungen müssen endlich wieder auch durch zusätzliche Mittel unterstützt werden. Andernfalls werden sie unausweichlich durch Beschränkung der Chancen von Studienanfängern erkauft, obwohl Deutschland und Hamburg mehr Hochschulabsolventen brauchen. Der Zugang zum Studium muss von Vermögensverhältnissen, Herkunft und Geschlecht unabhängig sein und allen Qualifizierten auch aufgrund beruflicher Erfahrungen offen stehen. Das erfordert nicht weniger, sondern mehr Studienplätze.
Die im letzten Jahr in Hamburg vereinbarte Haushaltsgarantie bis 2005 war nur ein erster notwendiger Schritt zur Konsolidierung des Hochschulsystems. In den kommenden Jahren sind vor allem der Innovationshaushalt und der Investitionshaushalt der Hochschulen auch durch zusätzliche Mittel zu finanzieren. Unaufschiebbar ist die grundlegende Sanierung der Gebäudesubstanz der Universität. Die jahrzehntelange Verweigerung ausreichender Bauunterhaltungsmittel hat wichtige Gebäude in ihrer Substanz schwer geschädigt. Jedes weitere Abwarten vergrößert die Schäden und verteuert die Sanierung. Nur sofortiges Handeln ist unter diesen Umständen sparsam und wirtschaftlich.
Die vielfach nachgewiesene Rentabilität von Investitionen in Forschung, Lehre und Studium rechtfertigt den Vorrang dieser Ausgaben im Rahmen staatlicher und gesellschaftlicher Prioritäten. Wissenschaftsausgaben schaffen hochqualifizierte Arbeitsplätze und stärken auch die Wirtschaft. Dadurch sichern sie die Sozialsysteme ebenso wie die Zukunftschancen der jungen Generation.
Bildungsaufwendungen verbessern das Bildungs- und Ausbildungsniveau der Menschen, erhöhen die Produktivität der Arbeit und fördern soziale Integration sowie menschliches Zusammenleben.
Auch die Entwicklungsperspektiven der Stadt erfordern die Stärkung des Wissenschaftspotenzials in Hamburg. Eine Stadt, die sich als Metropole versteht, braucht mehr und besser qualifizierte Menschen. Mehr Ganztagsschulen brauchen mehr und besser ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Eine Stadt, die sich als Weltstadt versteht, braucht mehr wissenschaftlich ausgebildetes Personal und mehr Sprach- und Kulturkompetenz.
II.
Für die kommenden Jahre schlägt die Universität Hamburg dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg einen Zukunftspakt vor, der den europäischen Vereinbarungen von Bologna und Lissabon gerecht wird, die Empfehlungen der Dohnanyi-Kommission und die Leitlinien des Senats berücksichtigt, und das Zukunftsprogramm ,,Exzellenz und Vielfalt“ der Universität, ihr Leitbild und ihre Grundordnung verwirklicht.
Im einzelnen sollte der Zukunftspakt folgende Vereinbarungen enthalten:
– Die Universität bildet leistungsfähige und eigenverantwortliche Fakultäten, die einander gleichwohl als Universität verbunden sind und für die Entwicklung der Universität als Ganzer gemeinsam verantwortlich bleiben.
– Die Stadt unterstützt den Abbau der strukturellen Unterfinanzierung.
– Die Universität entwickelt Baccalaureus-/Bachelor- und Magister-/Masterabschlüsse sowie neue Studiengänge entsprechend den europäischen Vereinbarungen, leitet deren Akkreditierung ein und sichert die Qualität des Studiums durch Evaluationen.
– Die Universität gestaltet das Aufnahmeverfahren für Studienbewerberinnen und -bewerber und wahrt dabei ein Höchstmaß an Chancengleichheit und Transparenz. Leitende Gesichtspunkte dabei sind Kriterien wie Motivation, Leistungen, Qualifikation, Erfahrungen sowie die persönlichen und sozialen Bedingungen der Bewerberinnen und Bewerber.
– Die Entwicklung des Studienangebots der Universität Hamburg berücksichtigt den Qualifikationsbedarf und die Studiennachfrage der gesamten Metropolregion. Die Universität trägt der überregionalen und internationalen Studiennachfrage Rechnung und baut ihr besonderes Engagement für die Internationalisierung der Hochschulen weiter aus.
– Die Universität Hamburg legt Wert auf ihre Fächervielfalt und nutzt sie zu einer kooperativen Vernetzung der Studienangebote und zur Weiterentwicklung transdisziplinärer Zusammenarbeit in Forschung und Lehre. Mit diesem Ziel intensiviert sie auch die Zusammenarbeit mit außeruniversitären Institutionen.
– Die Universität strebt eine verbesserte Relation von Lehrenden zu Studierenden (CNW) an um die Studienbedingungen durch intensive Orientierungs- und Betreuungsangebote verbessern zu können. Durch Einbeziehung von Lehrkräften und Erfahrungsfeldern der Arbeitswelt wird der Praxisbezug des Studiums gewährleistet.
– Die Universität entwickelt ein orientierendes Studienjahr in breiten Fächergruppen (Universitätskolleg), das Studienanfängerinnen und Studienanfänger dazu befähigt, sich für einen ihren Interessen entsprechenden Studiengang zu entscheiden.
– Stadt und Universität verstärken die Förderung von Forschungsinitiativen. Die Universität integriert ihre Forschungsprojekte in nationale und internationale Zusammenhänge und Programme. Sie fördert die Entwicklung von Exzellenzbereichen und Forschungsschwerpunkten.
– Die Universität beantragt neue international und interdisziplinär vernetzte Sonderforschungsbereiche, Forschergruppen und Graduiertenkollegs und entwickelt ihre International Max-Planck-Research Schools konsequent weiter. Die Stadt unterstützt diese Anstrengungen.
– Angebote zur wissenschaftlichen Weiterbildung baut die Universität konsequent aus. Sie fördert die berufliche Weiterbildung und den Zugang zum Studium auf der Grundlage beruflicher Erfahrungen. Entsprechende Ansätze der HWP bezieht die Universität in ihre Konzeptentwicklung ein.
– Die Universität hält an der Wissenschaftlichkeit der Lehrerbildung fest. Sie stärkt bei der Reform der Lehrerbildung die Verbindung von Wissenschaft und Praxis. Ein Zentrum für Lehrerbildung soll die Anforderungen und Angebote innerhalb der ersten Phase der Ausbildung sowie zwischen den Phasen koordinieren.
– Die Kooperationen mit außeruniversitären Einrichtungen und kulturellen Institutionen wird die Universität Hamburg konsequent erweitern und vertiefen. Sie regelt gemeinsame Berufungen und die Zusammenarbeit durch Vereinbarungen.
– Die Universität Hamburg orientiert sich in allen ihren Aufgabenfeldern an Qualität und Exzellenz und gestaltet die europäischen Vereinbarungen zur Entwicklung des europäischen Hochschulraums aktiv mit.
Diese Ziele und die erforderlichen Ressourcen wird die Universität mit der Behörde für Wissenschaft und Gesundheit durch Ziel- und Leistungsvereinbarungen konkretisieren, die als strategische Übereinkunft zwischen Universität und Staat auf der Grundlage einer Kultur der Gegenseitigkeit verstanden werden. Die zuständigen Selbstverwaltungsgremien wirken an der Beratung und dem Abschluss der Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit.
III.
Durch ihre Grundordnung gewährleistet die Universität die Beteiligung aller Gruppen an der akademischen Selbstverwaltung. Als Forum universitärer Meinungs- und Willensbildung soll ein Konvent Vertreterinnen und Vertreter der Selbstverwaltungsorgane und -gremien versammeln, um übergreifende Angelegenheiten der Universität zu beraten. Die Vertretung der politischen, sozialen und kulturellen Interessen der Studierenden ist Aufgabe der studentischen Selbstverwaltung. Sie wird durch deren Organe im Rahmen der Universität sowie gegenüber Politik und Gesellschaft wahrgenommen.
Die Hochschulgesetzgebung muss der Universität und der Studierendenschaft die erforderliche Autonomie verbürgen, die Beteiligung aller Gruppen an der Selbstverwaltung sichern und die Rechtsstellung der Universität stärken.
Der Präsident sagt zu, den Akademischen Senat in diesem Zusammenhang an der Konkretisierung einzelner, bisher noch nicht näher beratener Punkte maßgeblich zu beteiligen.