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juso-hsg und Liste LINKS, Antrag an die Sitzung des Studierendenparlaments am 15.04.2004

Solidarische Kooperation für gesellschaftliche Veränderung statt Krieg und Barbarei

Das Studierendenparlament möge befassen, beraten, beschließen und veröffentlichen:

Solidarische Kooperation für gesellschaftliche Veränderung statt Krieg und Barbarei

Die Wissenschaft hatte in Deutschland erheblichen Anteil am menschenverachtenden System des Faschismus:

Zum einen trugen Wissenschaftler mit pseudowissenschaftlichen Behauptungen, wie etwa im Bereich der sogenannten "Rassenlehre", zur ideologischen Legitimation von Ungleichheit und brachialer Konkurrenz bei.
Zum anderen wäre ohne den bereitwilligen Fleiß von Wissenschaftlern die rasante Aufrüstung des sogenannten Dritten Reichs für den zweiten Weltkrieg ebenso wenig möglich gewesen, wie die industrielle Massenvernichtung von Millionen von Menschen.

Die Hamburger Universität tat sich dabei unrühmlich hervor:
Bereits vor 1933 war die studentische Interessenvertretung - und somit auch der AStA - fest in der Hand des "Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds". Dieser betrieb erfolgreich den Ausschluß demokratischer und jüdischer Studenten und Professoren aus der Universität.
Ebenso eilig wurde in Hamburg als einzigem Bundesland noch vor der Einführung eines Reichshochschulgesetzes 1934 ein Landeshochschulgesetz beschlossen. Dieses diente vor allem der Einführung des Führerprinzips in den Hochschulen und sollte bekräftigen, daß nun ein "neuer Wind" blies.

Insofern tut die Uni Hamburg gut an der Schlußfolgerung, sich heute der Tradition des demokratischen Widerstands gegen den Faschismus verpflichtet zu sehen. Dies muß aber über das Gedenken hinaus aktuelle Schlußfolgerungen implizieren, was insbesondere deutlich wird, wenn innerhalb von wenigen Wochen die Nazis wiederholt gegen die "Wehrmachtsausstellung" marschieren und somit gegen kritische wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Faschismus und Krieg und für deren Verherrlichung Propaganda machen.
Die zunehmend dreiste Präsenz von Neonazis und Rechtsextremen in der Hansestadt gründet sich auf ihre weitreichende Zustimmung zu dem rechten Senat. Sie sehen auch im neuen CDU-Senat einen - wenn auch ihrer Ansicht nach wahrscheinlich zu zurückhaltenden - Bündnispartner zur Verschärfung von Ausbeutung, Konkurrenz und Kriegstreiberei. Die Legitimation der zunehmenden Militarisierung der Politik durch ein öffentliches Gelöbnis, Rasterfahndungen, lebensgefährliche Brechmitteleinsätze, die Schließung sozialer und kultureller Einrichtungen, die Entdemokratisierung der Hochschulen inklusive Einführung von Studiengebühren sowie die Privatisierung des Landesbetriebs Krankenhäuser sind destruktive Bestandteile dieser Senatspolitik im Interesse des Kapitals.
Die Rechtsextremen unterstützen diese destruktive neoliberale Standortpolitik, die darüber durchgesetzt werden soll, daß suggeriert wird, umfassende Konkurrenz sei von allgemeinem gesellschaftlichen Nutzen. Sie propagieren ihren Nationalismus damit, daß er "für alle Deutschen" Wohlstand und Sicherheit bedeute. Ihre antihumanistische und antiegalitäre Grundposition soll immer wieder dadurch kaschiert werden, daß fortschrittliche Kritik an den herrschenden Verhältnissen, wie beispielsweise an Krieg oder Massenarbeitslosigkeit, demagogisch aufgegriffen und sinnumkehrend gedeutet wird. So gingen die Nazis im Sommer letzten Jahres anläßlich des Jahrestags des Bombardements Hamburgs auf die Straße, um sich den Anstrich der Kriegsgegnerschaft zu verleihen.

Mit unseren aktuellen studentischen Protesten und der Forderung nach Wissenschaft in kritischer gesellschaftlicher Verantwortung befinden wir uns somit auch in unmittelbarer Kontrahenz zu diesen antiaufklärerischen rechten Kräften. Gegen die zunehmende Ökonomisierung aller gesellschaftlichen Bereiche, gegen Ungleichheit und Konkurrenz kämpfen wir für Bildung und Wissenschaft, die allen Menschen erkenntnisgeleitete solidarische Entfaltung ermöglicht und verantwortlich zur Überwindung gesellschaftlicher Probleme beiträgt.
Dafür müssen wir in den Hochschulen hart kämpfen, denn aktuell gibt es dort zum einen wieder rüstungsrelevante Forschung: so zum Beispiel ein Graduiertenkolleg, das offensichtlich zur Entwicklung lautloser Torpedos und U-Boote beiträgt, oder etwa ein Forschungsprojekt mit Anti-Pocken-Viren, die heutzutage nur noch im Zusammenhang mit B- und C-Waffen interessant sind. Zum anderen treten nach wie vor rechte studentische Kräfte, wie etwa die Burschenschaft Germania, aggressiv auf, um für die
Brutalisierung von Konkurrenz und Ausbeutung zu trommeln.
Darüber hinaus ist für den Kampf gegen Rechts die-vertiefte Bündnispolitik notwendig, um gegen die Apologeten der Profitheckerei Aufklärung, sozialen Fortschritt, Frieden, Abrüstung und weltweit solidarische Entwicklung, sinnvolle Arbeit für alle sowie an den Menschen orientierte
Gesundheitsversorgung, Kultur und Bildung durchzusetzen.
Das Studierendenparlament ruft deswegen alle Studierenden auf, sich an den Aktivitäten am 8. Mai zum Jahrestag der Befreiung vom Faschismus zu beteiligen. (siehe Terminankündigungen unten)
Zudem bekräftigt das Studierendenparlament seine Beschlüsse, die Mitarbeit von Burschenschaftern und Verbindungsmitgliedern in der VS strikt abzulehnen und sich aufklärererisch gegen Burschenschaften und
Verbindungen auch in diesem Semester zu engagieren.
Darüber hinaus hält das Studierendenparlament die kritische Auseinandersetzung mit rechten Wissenschaftsinhalten für ein wesentliche Aufgabe der VS-Arbeit in diesem Semester.

Wir rufen auf zur Beteiligung an folgenden Veranstaltungen:

 junge GEW und DGB jugend: B. Mai 2004, 19.00 Uhr, Movimento, Besenbinderhof 57a, 20097 Hamburg (beim neuen ZOB), Veranstaltung zum Tag der Befreiung vom Faschismus "Vom Verschwinden der Täter - Die Verbrechen der Wehrmacht in der kollektiven Erinnerung der Deutschen".
Mit Hannes Heer, Leiter der ersten Wehrmachtsausstellung. (1995-1999) und Autor des soeben erschienenen Buches "Vom Verschwinden der Täter. Der Vernichtungskrieg fand statt, aber keiner war dabei." (AufbauVerlag)
 VVN-BdA Hamburg: Freitag, 7. Mai 2004, Ort und Zeit: 19.00 Uhr, HWP/Campus - C. Butterwegge, zu Themen der Rechten - Themen der Mitte
C. Butterwegge leitet die Abteilung für Politikwissenschaft an der Universität zu Köln und hat zahlreiche Bücher zum Themenkreis "Faschismustheorien, Rechtsextremismus und Migration" veröffentlicht. Er wird zur Wechselwirkung rechter bzw. rechtsextremer Strömungen und den Diskursen der "Mitte" referieren.
 VVN-BdA Hamburg: Gedenkkundgebung am Sonntag, 09.05.2004 um 11.00 Uhr, am Ehrenmal der Opfer des Faschismus von 1933 bis 1945, auf dem Ohlsdorfer Friedhof beim Krematorium
"8. Mai 1945 - Tag der Befreiung vom Faschismus, Erinnern an die Vergangenheit ist Verpflichtung für die Gegenwart", Redner: Udo Spengler, VVN-BdA Hamburg, Musikalischer Rahmen: Chor Hamburger Gewerkschafterinnen, Kranzniederlegung am Ehrenmal und im Ehrenhain der Hamburger Widerstandskämpfer
 "Bücherverbrennung - Nie wieder!", öffentliche Lesung aus den Werken verfemter Autoren, 15. Mai 2004, 18-24 Uhr, Hühnerposten 1, mehr Infos: www.lese-zeichen-hamburg.de.

Veröffentlicht am Donnerstag, den 15. April 2004, http://www.harte--zeiten.de/dokument_451.html