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Resolution des Studierendenparlaments der Universität Hamburg zum 71. Jahrestag der Bücherverbrennung

"Das war ein Vorspiel nur; dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen."

(Heinrich Heine, Almansor)

Gemeinsam verbrannten studentische Verbindungen und Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund (NSDStB) am 15. Mai 1933 am Kaiser-Friedrich-Ufer die Werke jüdischer, humanistischer, sozialistischer und kommunistischer Autoren. Gemeinsam wurde eliminatorisch gegen fortschrittliche Studierende und Wissenschaftler sowie Hochschulmitglieder aus dem jüdischen Kulturkreis vorgegangen, die Zurichtung der Hochschulen nach dem Führerprinzip betrieben und die Militarisierung der Hochschulen forciert - hin auf totalen Krieg und industrielle Massenvernichtung.

Dabei konnten die Gleichschalter der deutschen Universitäten auf externe Expertise zurückgreifen: Seit Mitte April 1933 publizierten Funktionäre des Verbandes Deutscher Volksbibliothekare Zusammenstellungen "verbrennungswürdiger" Titel, der in Aufklärung, bürgerlicher Revolution und Arbeiterbewegung gesammelten und kultivierten Erkenntnis der Menschheit.

Das frühzeitige Wirken der faschistischen Kräfte an der Hamburger Universität hatte zur Folge, dass aus den rund elftausend Bände umfassenden Bestand der Bibliothek des Literaturwissenschaftlichen Instituts schon Anfang 1933 fast alle Werke der verfemten Autoren beseitigt waren. Maßgeblichen Anteil an dieser vorauseilenden Säuberung hatte die Verbreitung elitärer und völkisch-nationaler Positionen - nicht nur - an der Hamburger Universität durch die hiesigen Verbindungen in den Jahren zuvor. So wurde der Aufstieg des NSDStB zur stärksten politischen Kraft an der Universität Hamburg zu Beginn der 1930er Jahre von jenen ideologisch vorbereitet und mitgetragen. In den für die deutsche Geschichte entscheidenden Punkten bestand Einverständnis (völkischer Rassismus, Antisemitismus, Führerkult).

Nach der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai 1945 zogen Antifaschistinnen und Antifaschisten unterschiedlicher politischer Überzeugung in diesem Sinne weitreichende Konsequenzen und brachten die Entmachtung von Großkonzernen und Großbanken, Entmilitarisierung und zivile Konfliktregulierung (UNO), Arbeit und soziale Absicherung, Demokratisierung der Gesellschaft und Verhinderung politischer Machtkonzentration auf die' Tagesordnung. Folgerichtig verboten die Mächte der Anti-Hitler-Koalition auch Verbindungen, bis im Zuge der Westintegration und Remilitarisierung der Bundesrepublik die Entnazifizierung frühzeitig beendet wurde.

Die Literaten sind heute wieder an der Universität präsent. Sie sind Teil des humanistischen Erbes der Menschheit und Gegenstand wissenschaftlicher Weltaneignung an den Hochschulen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Es dauerte nach der Befreiung vom Faschismus 20 Jahre, bis die Studentenbewegung der sechziger Jahre gegen die restaurativen Kräfte der Adenauer-Ära die Neuaneignung der verfemten Literatur auf die Tagesordnung setzte. Dies ist Teil der wissenschaftlichen Errungenschaften der von der gesellschaftlichen Linken erstrittenen Hochschuldemokratisierung. Der kritische Geschichts- und Gesellschaftsbezug der Wissenschaften muss als Bestandteil kultureller Aktivitäten gemäß der Maxime "Wehret den Anfängen!" gegen die Pläne des Rechtssenats ihn einzuschränken auch in Verfasster Studierendenschaft und Akademischer Selbstverwaltung aufrechterhalten und weiterentwickelt werden. Auch und gerade in Rückgriff auf die kritischen Klassiker.

Deshalb:
 bekräftigt das SP seinen Beschluss vom 3.5.2001 "Das Studierendenparlament der Universität Hamburg lehnt die Mitwirkung von Burschenschaften in der Verfassten Studierendenschaft ab!",
 konstituiert das SP den "Ausschuss gegen Rechts" erneut, der an die Tätigkeit des letzten Ausschusses anknüpfen und sich mit dem Rechtssenat, dem Verhältnis zwischen "neuer" und "alter" Rechten, Verbindungen auf dem Campus und reaktionären Bildungsinhalten (z.B. dem Leidenberger-Institut) befassen möge,
 fordert das SP den kommenden AStA auf, die Tätigkeit gegen Rechts und für Demokratisierung, gegen Krieg und für Frieden zu einem wesentlichen Bestandteil seiner Arbeit zu machen,
 fordert das SP den kommenden AStA und das SP-Präsidium auf, das Uni-Präsidium und den Akademischen Senat an den Beschluss zu erinnern, jährliche Veranstaltungen zum Tag der Befreiung von Auschwitz durchzuführen,
 fordert das SP den Großen Senat, den Akademischen Senat und das Uni-Präsidium auf, das Farbentragen auf dem Campus und jede Möglichkeit von Veranstaltungen und Werbung für Verbindungen, insbesondere auch über die Uni-Marketing GmbH, zu unterbinden,
 ruft das SP alle Studierenden auf, sich an der Veranstaltungen "Bücherverbrennung - Nie wieder" am 15. Mai 18-24 Uhr, Vorplatz der Zentralbibliothek, Am Hühnerposten 1 zu beteiligen. Infos: www.lese-zeichenhamburg.de

Veröffentlicht Mai 2004, http://www.harte--zeiten.de/dokument_449.html