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Frieden und Wissenschaft
"Du. Forscher im Laboratorium. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst einen neuen Tod erfinden gegen das alte Leben, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!"
Aus dem letzten Gedicht Wolfgang Borcherts: "Dann gibt es nur eins", der Dichter starb am 20. November 1947 an den Folgen des Krieges.
Politik sei ein schmutziges Geschäft, so heißt es. Dieser weit verbreiteten Alltagsauffassung sind bisweilen auch Professoren unterworfen. Deswegen ist es schwierig, Friedenspolitik im Akademischen Senat zu positionieren. So wurde auf der vergangenen Sitzung des Gremiums die Befassung einer Resolution "Für eine stabile Friedensordnung Nah- Ost" von der Tagesordnung genommen. Vernünftig ist dieses bängliche Ausweichverhalten nicht.
Daß Anderes möglich und notwendig ist, belegen universitäre Beschlüsse wie das Leitbild der Universität und die Grundordnung, die auf der vergangenen Sitzung erneut positiv abgestimmt wurde. In ihrer Präambel heißt es: "Im Bewußtsein der wechselvollen Geschichte und der gesellschaftlichen Verantwortung der Universität bezieht sich der Akademische Senat dabei auf das am 15. Juni 1998 beschlossene Leitbild der Universität als Auftrag zum Schutz und zur Verwirklichung wissenschaftlicher Freiheit, zur Mitgestaltung eines sozialen und demokratischen Rechtsstaates und einer friedlichen und menschenwürdigen Welt sowie zur Verwirklichung des Rechtes auf Bildung und der Gleichstellung der Geschlechter."
Gesellschaftliche Verantwortung für Aufklärung und demokratische Souveränität, das soziale Wohl Aller und weltweiter Frieden sind Überlebensfragen der Menschheit.
Der kritische und politisch relevante Gesellschaftsbezug von Wissenschaft und Bildung sollte deshalb das vernünftige Maß universitärer Praxis sein. Vernünftig sind: solidarische Kooperation als kulturelle Entfaltung statt der Verfestigung von Ressentiments; wirtschaftlicher Fortschritt im Dienste der Menschheit statt der Ideologisierung der Standortkonkurrenz; die bewußte verantwortliche Handhabung der natürlichen Lebensgrundlagen statt der zerstörerischen Nutzung naturwissenschaftlicher Kenntnisse; Gesundheitsbeförderung als integrativer Teil sozialer Entwicklung statt Leistungsoptimierung von "Humankapital"; emanzipatorisch-demokratische Aufklärung für politisches Bewußtsein statt abstrakte Regierungslehre; das Engagement für die Aneignung eines egalitären Menschenbildes statt der biologistischen Verewigung von Ungleichheit. Diese Kontroverse bedarf der Courage aller Mitglieder der Universität.
Die entgegenstehenden geschäftlichen Prämissen marktorientierter Forschung und Lehre wie sie mit der politisch geschaffener Unterfinanzierung durch den Senat und viele Drittmittelgeber erzwungen werden sollen, können durch demokratische Zusammenarbeit, Aufklärung und politisches Engagement in der Universität als gesellschaftlich bedeutsamer Institution bekämpft werden. (Das berührt ebenso die Tätigkeit in allen Fakultäten.) Die künftige Universitätsleitung ist für eine zivile Orientierung der Universität in Verantwortung zu nehmen. Ohne Wenn und Aber.
Friedensforschung ist die Grundlagenforschung aller sonstigen Grundlagenforschung, stellte einst der ehemalige Bundespräsident Gustav Heinemann fordernd fest.
Nota bene: Die nächste hochschulöffentliche Sitzung des Akademischen Senats ist am 21. September.