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Es geht auch anders

Oder: Die Freude der Verbesserung

"In der spätindustriellen Gesellschaft - bis etwa Mitte der 1970er Jahre - hatten die Polaritäten noch deutlich abgenommen. Die Schichten nivellierten sich zwar nicht, aber die Spannung zwischen ihnen wurden sozialstaatlich eingehegt, die großen Differenzen gemildert, Ungleichheiten stärker reduziert. Doch mittlerweile sind die klassischen Ungleichheitserfahrungen mit Aplomb - und weltweit - zurückgekehrt. 20 Prozent der Weltbevölkerung ist unterernährt; das oberste eine Prozent verfügt über ebenso viel Einkommen wie die unteren 57 Prozent. Der Besitz der drei reichsten Menschen übertrifft das Bruttosozialprodukt der 48 ärmsten Länder. [...]Die oberen zwei Prozent der bundesrepublikanischen Haushalte verfügen über 30 Prozent des Gesamtvermögens; die unteren 50 Prozent müssen sich mit knapp fünf Prozent begnügen."
Franz Walter, Professor für Politik (Göttingen) in: SPIEGEL-Online, 07. Mai 2006.

"Denn nur der große Gegenstand vermag
Den tiefen Grund der Menschheit aufzuregen;
Im engen Kreis verengert sich der Sinn,
Es wächst der Mensch mit seinen größern Zwecken."

Friedrich Schiller, Prolog zu "Wallensteins Lager".

Das Magazin "Der Spiegel" meldet nicht (mehr) oft so komprimiert verärgernde Tatsachen.

Diese sind immer von Menschen gemacht, also veränderbar. Anlässe und Möglichkeiten sind reichlich vorhanden.

Bildung, Kultur und Wissenschaft sind dafür unerläßlich. Sie bergen Erfahrungen, Erkenntnisse und Entwicklungschancen, die alle Bereiche des menschlichen Lebens umfassen.

Mündigkeit und anteilnehmende Subjektivität aller (und für alle) wirken befreiend gegen die Unsicherheit einer sozial gespannten und militärisch aufgeladenen Weltlage, gegen lärmende Lebensgefühligkeit der schrill übertünchte Resignation.

Die Universitäten aber geraten mehr und mehr unter das strengen Regime des "Marktes". Studiengebühren sollen diese Entwicklung mit Selektion und geschäftiger Unkultur beschleunigen. Das behindert solidarisches Lernen und Handeln, also die freundliche, aufgeklärte und zuversichtliche Gestaltung der Lebensbedingungen. Deshalb ist verschärft Contra geboten.

Als Senator Dräger im Jahr 2001 sein Amt antrat, versprach er jährliche Gebühren von 2500 Euro und den Beginn der Zahlungen ab 2003. Ein Erfolg des studentischen Engagements ist, daß allgemeine Gebühren bis heute nicht erhoben werden. Die nun avisierten 500 Euro gelten öffentlich verbreitet als unzumutbar und werden richtigerweise in eine lange Reihe menschenverachtender neoliberaler Dressurmittel eingeordnet. Die Universität Hamburg hat sich vielfach dezidiert in studentischen Abstimmungen ebenso wie in Gremienbeschlüssen gegen Studiengebühren gewandt. Die parlamentarische Opposition schließt sich diesem Votum zunehmend wieder an. (Umseitig ist ein Beschluß der SPD vom Wochenende gegen das "Studienfinanzierungsgesetz" dokumentiert; ihm fehlt noch das Nein zur Gebühr auch für das Zweit-, Aufbau- oder weiterbildende Studium.)

Zu sagen, wie es wirklich ist, ist die Basis der Verständigung und der solidarischen Kooperation für bessere Zeiten. Kritische Studierende als Teil gesellschaftlicher Opposition haben weltweit in den 60er und 70 er Jahren erheblich zu der tendenziellen sozialen Angleichung der Lebensverhältnisse und damit zu mehr Demokratie, einer aufgeklärenden und optimistischen Kultur, sozialem Fortschritt und einer Zivilisierung internationaler Konflikte beigetragen. An diese Geschichte sollte angeknüpft werden.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 8. Mai 2006, http://www.harte--zeiten.de/artikel_404.html