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Programm

Wohl dem, der gerne tut, was er muß?
Für eine solidarische Kultur progressiver Gesellschaftsveränderung

,,Die Hochschule als Teil der Gesellschaft kann sich der Alternative unserer historischen Lage nicht entziehen. Entweder wirkt sie mit an der dynamischen Weiterentwicklung zur sozialen Demokratie und der Demokratisierung der Gesellschaft, oder sie wird Instrument in einer Entwicklung zu autoritären Gesellschaftsformen. Im zweiten Fall müßte sie vollends den ihr eigenen Anspruch der Aufklärung aufgeben: Mündigkeit und Selbstbestimmung der Menschen in einer vernünftigen, freien Gesellschaft zu verwirklichen.“
Hochschulen in der Demokratie, Hochschuldenkschrift des Sozialistischen Deutschen Studentenverbandes (SDS), Berlin 1961.

Das letzte, zähe Hindernis der gesellschaftlichen Entfaltung aller Menschen ist der Kapitalismus. Roheit, alltägliche Drangsal und Unfreundlichkeiten haben hier ihren überwindbaren Ursprung. Studiengebühren und geschäftsmäßig gelenkter staatlicher Sozialabbau sind in diesem Zusammenhang als derbe ,,Erziehungsmittel“ zu verstehen. Sie schaffen Furcht und Not, deformieren die Persönlichkeit und beschränken auch die besten Absichten.

Die gesteigerte Konkurrenz durch die politisch gewollte Privatisierungs- und Sparpolitik soll die Bevölkerung einschränken und einer sozialen Minderheit die Verfügung über die geistigen und materiellen Reichtümer der Menschheit gewinnbringend sichern und ausbauen. Dabei könnten - nicht zuletzt mithilfe kooperativer, aufgeklärter Wissenschaftsentwicklung - längst die menschlichen Grundbedürfnisse mehrfach allgemein befriedigt werden.
Im Gegensatz zum strengen Regiment merkantiler Verwertungspraxis und dem vereinzelnden Handeln nach kommerziellen Opportunitäten schafft das gemeinsame Lernen aus historischen Erfahrungen eine enorme Reichweite gesellschaftlicher wie individueller Entwicklungsmöglichkeiten. Die solidarisch-kooperative Aneignung gesellschaftlicher Zusammenhänge, die Kritik an den Ursachen und Verursachern der Diktatur des Marktes und die verantwortungsbewußte Bezugnahme auf die Mitmenschen ermöglicht das heitere Verwerfen braver Konventionen der Anpassung an eine quälend unvernünftige Lebenswelt.

Die studentische Bewegung der 1960er und 70er Jahre hat als Teil gesellschaftlicher Opposition relevant an einer allgemein emanzipatorischen Entwicklung der Gesellschaft mitgewirkt. Der Impetus dieses Engagements war die Überwindung der Ursachen und kulturellen Nachwirkungen der faschistischen Diktatur - einschließlich der ,,alten Herren“ -, die Beendigung imperialer Kriege sowie sozialer Fortschritt als Basis der umfassenden Demokratisierung der Weltgesellschaft.

Unter der Ägide des CDU-Senats sind diese hochschulpolitischen Errungenschaften (kritische Wissenschaften, demokratische Mitbestimmung und soziale Offenheit) weitgehend reduziert worden. Ihre Erkenntnisse, Erfahrungen und Ansprüche sollten jedoch als produktive Grundlage gegenwärtiger studentischer Interessenvertretung genutzt, weiterentwickelt und so weiterreichend zur Geltung gebracht werden.

Unzufriedenheit ist eine positive Angelegenheit, wenn sie in einer solidarisch-kämpferischen Lebensweise für die progressive Gesellschaftsveränderung zum Ausdruck kommt.

Bestimmte Ausdrucksweisen können eine Menge bewegen.

,,Über den Anbruch gesegneter Jahrhunderte
Müßte nicht die Menschheit angesichts all dieser Maschinen und technischen Künste, welche ihr gestatten, sich leicht zu ernähren, den Eindruck haben, sich am Morgen eines langen, reichen Tages zu befinden, die rosige Morgenröte und den frischen Wind verspüren, die den Anbruch gesegneter Jahrhunderte anzeigen? Warum ist es ringsherum so grau, und warum geht erst jener unheimliche Dämmerungswind, bei dessen Aufkommen, wie es heißt, die Sterbenden sterben?
Verfault eine herrschende Klasse, dann wird der Fäulnisgeruch beherrschend.“

Bert Brecht, Schriften zu Politik und Gesellschaft, 1919-1956.

Veröffentlicht am Mittwoch, den 15. November 2006, http://www.harte--zeiten.de/about.html