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0190-Connecting-People
Mit gespielter Langeweile schaut ein dissident frisierter Jüngling begehrlich einer dünn bekleideten jungen Frau über die Schulter - bemüht, den Blick nicht all zu verräterisch auf das Dekolleté zu richten. Sie schwenkt breit grinsend ihr Rotweinglas. Das Pärchen im Hintergrund ist in Sachen Körperkontakt schon einen Schritt weiter. Fick mich, kauf mich, schleck mich ab.
Mit dieser Abbildung wirbt gegenwärtig eine Liste auf Flyern und Plakaten um Stimmen für die "AStA-Wahl 2005", gemeint sind wohl die Wahlen zum Studierendenparlament. Darunter die Zeile: "DU ENTSCHEIDEST."
Was bitte ist da zu entscheiden? Zu Dir oder zu mir?
Und vor allem: Was soll uns diese Darstellung über die politische (?) Gruppierung sagen, die da für sich wirbt?
Wer Malboro raucht sei ein Cowboy, wer diese wählt sei hip, sexy und Sorgen-los?
Die Liste nennt sich "Juso-Hochschulgruppe der Universität Hamburg", was allerdings nur sehr klein und verschämt unten links in der Ecke erklärt wird. Tatsächlich handelt es sich um die Gruppe "Realos Jetzt", die den Studierenden auch in den letzten Jahren schon versprochen hat, sie könnten es sich trotz Sozialabbau und rechtem Generalangriff auf die demokratische Massenuniversität ganz unideologisch gut gehen lassen. Durch üble Machtpolitik in der SPD haben sie sich in diesem Jahr kurzfristig zur offiziellen Vertretung der Sozialdemokratie küren lassen.
Das, was hier mit dem Nokia-Slogan "Connecting People" dem Wähler-Kunden verkauft werden soll, hat jedoch nichts mit sozialer und demokratischer Politik zu tun: Als Wohlfühle zur Schau getragene Anpassung, karriereförderndes Networking und hin und wieder ein One-night-quick-fick zur Beruhigung und als Beleg dafür, daß "man`s noch bringt" - kein Wunder, daß sich bei den "Realos" auch junge Herren studentischer Verbindungen heimisch fühlen.
Tatsächlich zu entscheiden ist bei den diesjährigen Wahlen zum Studierendenparlament, wie sich die Verfaßte Studierendenschaft in die Auseinandersetzungen in der Stadt einmischt: Brav und buckelnd gegenüber der profitorientierten Normierung von Menschen und Wissenschaft oder kämpferisch und mit Lust zur Aufklärung für die solidarische Verbesserung der Lebensbedingungen aller. Für die weniger Duldsamen ist das Original - in diesem Jahr unter dem Namen "harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive" - die bessere Wahl.