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When No Means No
,,Auch wenn es Ihnen heute als Studierende nicht so bewußt sein mag - Sie werden als Akademikerinnen und Akademiker zu einer privilegierten Gruppe gehören mit dem geringsten Arbeitslosigkeitsrisiko und gleichzeitig der höchsten Einkommenschance. Deshalb halte ich es für gerechtfertigt, dass sich diejenigen, die erhebliche individuelle Vorteile aus ihrer Ausbildung ziehen, an den Kosten der Ausbildung beteiligen. Das ist aus meiner Sicht auch eine Frage der Solidarität mit anderen Bevölkerungsgruppen in unserem Land, denen eine weitergehende Beteiligung an zusätzlichen Ausgaben für die Hochschulen kaum zugemutet und vermittelt werden kann.“
Senator ,,für“ Wissenschaft und Gesundheit, Jörg Dräger, Offener Brief an die Studierenden 5.12.05.
Privilegierte Gruppe? Ein Tag im Wirtschaftsteil der FAZ: Der IG-Farben-Nachfolger BASF plant für 4,25 Milliarden Dollar die feindliche Übernahme des amerikanischen Katalysator-Herstellers Engelhard; für 3,65 Milliarden Euro will Rüstungskonzern ThyssenKrupp einen kanadischen Stahlhersteller ,,freundlich“ übernehmen; der Springer-Verlag blättert immerhin noch über eine Milliarde Euro hin, um sich passend zur ,,Bild“ die privaten Verblödungssender der PRO7Sat1-Gruppe einzuverleiben (es sei denn, das Kartellamt bleibt standhaft).
Angesichts dieser kapitalen Realität können die von Dräger in Aussicht gestellten ,,höchsten Einkommenschancen“ und das ,,geringe Arbeitslosigkeitsrisiko“ für Akademikerinnen und Akademiker als sogenannte Begründung für die Einführung allgemeiner Studiengebühren getrost verlacht werden.
Denn die Gebühren dienen dem Zweck, die Wissenschaft der unmittelbaren ökonomischen Verwertung zu unterstellen und die Studierenden vollständig zur profitbringenden Ware umzumodeln, just für ThyssenKrupp und Co.
Die Verbreitung der Einsicht in die systematische Ungleichheit sozialer Verhältnisse und ihre Steigerung durch die Gebühren bzw. das nachdrückliche Engagement für die humane Entfaltung in der Wissenschaft als kollektiv erarbeitete Erkenntnis für die solidarisch-menschenwürdige Veränderung der Welt ist die Grundlage für die bisher errungenen Erfolge und positive Zwischenergebnisse im Kampf gegen die Studiengebühren:
Begründetes verwertungskritisches Wirken für den aufrechten Gang und wider den Statusdünkel ermöglichten wiederholt eindeutige Anti-Gebührenbeschlüsse des Akademischen Senats (des derzeit höchsten zentralen Gremiums universitärer Selbstverwaltung). So war hier die gewollte inneruniversitäre Verzögerung der Erhebung der Gebühren bei längere Zeit Studierenden ebenso möglich wie die Verabschiedung einer Gebühren-Satzung mit weit gefaßten Befreiungstatbeständen (in keiner anderen bundesrepublikanischen Universität mit entsprechender Strafgebühr konnten so viele Studierende aus höheren Semestern von der Zahlung befreit werden).
Die dauerhafte Aufklärungsarbeit von Fachschaftsräten und FSRK sowie selektions- und konkurrenzkritische Beschlüsse des Studierendenparlaments und studentischer Vollversammlungen und die klare Perspektive wissenschaftlicher Vernunft, demokratischer Partizipation und sozialer Offenheit waren Grundlage für die Motivation von über 12.000 Studierenden, bei der Urabstimmung im Mai 2005 ihre Position für die Gebührenfreiheit des Studiums zu manifestieren.
In der Einheit von politischem Wirken in der Akademischen Selbstverwaltung und in der Verfaßten Studierendenschaft ist es so gelungen, den Uni-Präsidenten vom einstigen Mitentwickler von Gebührenmodellen (im Rahmen der Bertelsmannstiftung) zur moderaten Opposition gegen den Senat und seine Gebührenpläne zu bewegen.
Dieser begründete vehemente universitäre Widerspruch gegen jegliche Studiengebühren bereiten dem Senator zunehmend Schwierigkeiten, den prinzipiellen Einwänden gegen Gebühren entgegenzutreten. Erhebliche Verzögerungen bei der Gesetzesvorlage, ein bemühter Legitimationsbrief an die Studierenden und Wortreichtum bei der Vorstellung eines Darlehensmodells zum angeblichen Ausgleich möglicher sozialer Benachteiligung (wobei geflissentlich verschwiegen wird, daß ein solches Darlehen von bis zu 6.000 Euro den auf den Kredit angewiesenen Studierenden schnell noch einmal dasselbe an Zinsen kosten kann), sind Ausdruck der wachsenden Rechtfertigungsschwierigkeiten des Senators.
Diese Reihe der Zwischenerfolge sollte ermuntern, gegen die Senatspolitik erweiterte widerständige Praxis zu entwickeln. Die gesteigerte Offensivität in der Zurückweisung der geplanten Gebühren schafft die Bedingungen, daß ihre Einführung schließlich unmöglich wird. Ein solidarischer Boykott der Gebühren ist Ausdruck dieser Offensivität.
Die Abwendung des Übels kann gelingen.