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Erweiterte Befreiung
,,Deutsche Hörer, Europa wird sozialistisch sein, sobald es frei ist. Der soziale Humanismus war an der Tagesordnung, er war die Vision der Besten in dem Augenblick, als der Faschismus seine schielende Fratze über die Welt erhob. Er, der das wahrhaft Neue, Junge und Revolutionäre ist, wird Europa seine äußere und innere Gestalt geben, ist nur erst der Lügenschlange das Haupt zertreten.“
Thomas Mann: Deutsche Hörer! Radiosendungen nach Deutschland, 28. März 1944.
Die Befreiung von der faschistischen Gewaltherrschaft 1945 ist ein positiver Wendepunkt der Geschichte.
Die größte Erniedrigung und Vernichtung des Menschlichen wurde durch Aufklärung und humanistische Courage der Hitlergegner überwunden. Arbeiterbewegung und bürgerliche Intelligenz, engagierte Kulturschaffende und demokratische Politiker kämpften international für eine Weltgesellschaft des Friedens, der Freiheit und der Gleichheit, was später in der UN-Charta zum Ausdruck kam - und gewannnen gegen die rohe Zerstörung von Leben, Kultur und Zivilisation die Oberhand. Das Potsdamer Abkommmen von 1945 der Alliierten Mächte (Sowjetunion, USA, Großbritannien) dokumentiert den Willen, mindestens in Deutschland die Ursachen des Faschismus auszutilgen: durch die Zerschlagung und Verstaatlichung der großen Industrie und Banken, durch Entnazifizierung, volle Entmilitarisierung, Demokratisierung und verbindlichen sozialen Forschritt. Die von Raubzug und Zwangsarbeit gemästeten deutschen Eliten in Politik und Wirtschaft sollten ein für allemal entmachtet werden. Erst wenn keiner mehr daran verdient, können Krieg und Diktatur ausgeschlossen werden - das ist eine bedeutsame Lehre.
Die Universität Hamburg wurde am 6. November 1945 wiedereröffnet. Sie stand in der Verantwortung, ihre Beteiligung an der Planung und Durchführung des Vernichtungszuges und des Holocausts aufzuarbeiten und sich als demokratische, sozial offene und aufklärende Institution neu zu konstituieren. Der verbissene Kampf des Adenauer-Regimes im westlichen Bündnis gegen die sozialistische Alternative im Osten aber förderte zunächst die Restauration der alten Eliten auch an der Universität. Der Impetus der Befreiung kam erst mit der studentischen Bewegung von 1968 zum Tragen. Soziale Verantwortlichkeit, demokratische Verfassung und gesellschaftskritische Wissenschaftsinhalte sind seither als Qualität der Demokratischen Massenuniversität zu entwickeln.
Die kapitalgewollte und politisch geförderte globale Konkurrenz der ,,Standorte“ erneuert gegen diese Erfahrungen den Druck zur verwertungsangepaßten Bildung und Wissenschaft. Studiengebühren, die Zurichtung auf profitversprechende Forschung (Nano-, Lifescience, China-Handel etc.), Zerhacken des kooperativen Gesamts in Fakultäten, Demokratieabbau und Entwissenschaftlichung des Studiums mit BA/MAsind die kühlen Machtmittel für den geplanten Rückschritt. Vom Wissenschafts-Senator eingeladen wird der Verbund der Arbeitgeber in der der Metallindustrie (und Rüstungswirtschaft) als Förderer der ,,Nacht des Wissens“. Das düstere ,,survival of the fittest“ soll als neu-alte Unkultur merkantil durchgesetzt werden.
Wird die Universität Dienerin des shareholder-value?
Oder nimmt sie sich die Freiheit, die ,,Mühsal der menschlichen Existenz zu erleichtern“ (Bert Brecht, Galileo Galilei)? Als Ort des solidarischen Lernens, der unerbittlichen Kritik des Menschenverachtenden, der wissenschaftlichen Neugier auf die Möglichkeiten der Verbesserung der Lebensbedingungen aller? Als Stätte der Friedensforschung, der Kultivierung und Verbreitung sozialer und kultureller Errungenschaften und Erkenntnisse. Als Assoziation Vernünftiger.
Der Kampf für die historische Befreiung sollte Vorbild für ihre volle Verwirklichung sein.