Menü | HomePublikationenBAE!: harte zeiten und Liste LINKS › Flugblatt von Liste LINKS und harte zeiten vom

,,Das Knie beugt!“

- der Campus als Kasernenhof?

Ihr elitäres, nationalistisches Menschenbild haben studentische Verbindungen und Burschenschaften über die Zeit hinweg beibehalten und stetig aktualisiert. Schon vor 1848 an der Verbrennung von Schriften progressiver, jüdischer Schriftsteller beteiligt und der monarchischen Obrigkeit dienstbar als Knüppelgarde gegen Demokratie, Toleranz und soziale Gleichheit mit dabei, waren sie aktiv beteiligt am Aufkommen des ,modernen‘ Antisemitismus. Die Verbindungen hatten schnell ,Arierparagraphen‘ in ihren Satzungen, verboten Frauen (,,Kinder, Kirche, Küche“) die Mitgliedschaft in ihren Sauf-, Fecht- und Gröhlstätten (,,Häuser“), zogen gegen Ausländer und Pazifisten und jubelnd für Kaiser, Gott und Vaterland in den Ersten Weltkrieg. Sie arbeiteten tatkräftig an der Machtübertragung 1933 an die Nazis und waren am 10. Mai 1933 strebsam mit dabei, wenn z. B. in Hamburgs Kaiser-Friedrich-Ufer die Bücher der kritischen Intelligenz, ,undeutscher‘ Autoren verbrannt wurden - das Vorspiel zum Weltkrieg und zur Vernichtung von über 60 Millionen Menschen. Zum Brauchtum vieler Verbindungen gehört die Mensur, das gegenseitige Eindreschen mit dem Säbel, was die alleruntertänigste Unterordnung durch Gefahr und Schmerz - mannhaft, deutsch und strohdumm - besiegeln und durch Narben im Gesicht (,,Schmiß“) bezeugen soll. ,,Das Kommando ,Rest weg‘ muss über der Kneipe schweben wie das ,Knie beugt‘ über dem Kasernenhof.“ (Aus einer Broschüre für Verbindungsstudenten, Ende der 1920er.)

Brav und national, devot und militaristisch, bieder und feige, reaktionär und ordinär ist sie, die ,,Elite der Nation“. Ihr sozialdarwinistisches Weltbild baut auf auf der sozialen Ungleichheit (je nach Ideologie: gott-, natur- oder marktgegeben) und soll aggressive Rücksichtslosigkeit und elitären Egoismus legitimieren und einbimsen - für Karriere, Freiheit, Vaterland.

Heutzutage gilt ihre ganze Liebe und Hingabe immer noch den ,,Vorgesetzten“. Nur sind es heute Manager von Großkonzernen, reaktionäre und neoliberale Politiker oder andere ,Würdenträger‘, vor denen sie sich in Ehrfurcht verneigen. Wichtigstes Element ist dabei das Prinzip des Lebensbundes. Dies heißt nichts anderes, als dass man sich älteren Verbindungsmitgliedern als Günstling für ,höhere Ehren‘ (vulgo ,,Karriere“) anbietet.

Die Burschenschaften sind die rechtsextreme Vorhut für den Hamburger Rechtssenats, der kürzt, privatisiert, verkommen lässt & aufputzt, verteuert, verscherbelt, vorwirft-droht-prügelt - und immer grinst - die ,,wachsende Stadt“ im Kampf der Standorte.

So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass im Frühjahr bei einer geschichtsklitternden Gedenkveranstaltung zu ,,750 Jahren Königsberg“ der Vereinigung der schlagenden rechtsextremen Verbindungen in Hamburg (,,Hamburger Waffenring“), bei der offen zur ,,Heimholung“ der russischen Exklave in deutsches Staatsgebiet mit dem Säbel gerasselt wurde, der brandenburgische Innenminister und Generalleutnant a.D. Jörg Schönbohm (CDU) auftrat - als Gastredner.

Der Hamburger Rechtssenat ließ diese Veranstaltung, die provokanterweise neben dem ,,Platz der jüdischen Deportierten“ stattfand, brachial mit mehreren Hundertschaften der Polizei schützen und verbot der jüdischen Studentenorganisation JONS, dem AStA und linken Hochschulgruppen eine Protestveranstaltung.

So arbeiten die gesellschaftlichen Rechten Hand in Hand, um die emanzipatorischen Erkenntnisse und Errungenschaften der 1960er und 70er Jahre vergessen zu machen und abzuwickeln, mit Bravheitsgebot, Karrieredruck und Studiengebühren. Kritische Aufarbeitung des Faschismus (mit der Rolle der studentischen Verbindungen), Demokratisierung und soziale Öffnung der Hochschulen stehen der Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Ungleichheit und damit ihrem Ziel des eigenen Vorteils und der Erhebung gegenüber den anderen Menschen im Wege. Statt dessen sollen wieder elitärer Standesdünkel, nationalchauvinistische Hetze und der Kadavergehorsam der studentischen Verbindungen Einzug erhalten.

Historisches Bewusstsein und die Erkenntnis sozialer Zusammenhänge und die Einsicht in die Veränderbarkeit der Gesellschaft sind Grundlage und Inhalt für alle Menschen, solidarisch miteinander zu kooperieren. Dies wollen Verbindungsstudenten durch ihr elitäres Menschenbild, dies soll durch soziale und kulturelle Verrohung bis hin zum Krieg verhindert werden. Das gemeinsame Engagement für Frieden, sinnvolle Arbeit, Bildung und Kultur für alle ist die solidarische Entwicklung aller Menschen.

Wie klein und erbärmlich ist dagegen die vermeintliche Erhebung über andere.

Schönes Entzücken / schafft nur ein gerader Rücken.

V.i.S.d.P.: Olaf Walther & Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
und Liste LINKS - Offene AusländerInnenliste . Linke Liste . andere Aktive
Veröffentlicht Oktober 2005, http://www.harte--zeiten.de/artikel_344.html