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Frieden: Von der Utopie zur Wissenschaft

Zivilisation ist eine Alltagsfrage.

"Wenn wir die Feinde im Irak nicht bekämpften und zerstörten, würden sie nicht das stille Leben guter Staatsbürger führen. Sie würden Pläne schmieden und unsere Bürger töten - überall auf der Welt, und in-nerhalb unseres Landes. ... Wir unterstützen die Iraker beim Wiederaufbau ihrer Infrastruktur und der Errich-tung der Institutionen einer Marktwirtschaft. Der Unternehmergeist ist stark im Irak."
George W. Bush am 7. Dezember 2005 vor dem US-Council on Foreign Relations.

Stille Staatsbürger, freie Marktwirtschaft und starker Unternehmergeist - so hätten Bush & Co die Welt gern eingerichtet. Bescheidene "Mitarbeiter", die brav und strebsam ihren Job erfüllen, ein hübscher Weltmarkt, auf dem noch jeder Schrott seinen Konsumenten findet und saftige Profite für die Eigner jener gut fünfhundert Konzerne, die die Welt unter sich aufgeteilt haben - je korrupter, desto saftiger.
Aber, ach, sie sind nicht zufrieden, die lieben Käufer / Wähler / Fernsehgucker? Sie sind mehr? Anderes? Widerständig gegen Erwerbslosigkeit, Hunger, Elend, Umweltkatastrophen? Welch ein Undank. Und wo Sozialabbau, Massenentlassungen, IWF-Kredite und WTO-Freihandel nicht mehr Zwang genug sind, braucht es den offenen Krieg nach innen wie nach außen, braucht es Folter, Homeland Security, Präventivschläge und "Mini"-Nukes.
Hier trifft sich die "Koalition der Willigen", treffen sich Rumsfeld und Schäuble, Merkel und Berlusconi. Da wird gewaltsam verteidigt, was längst auf tönernen Füßen steht, wird nationales wie internationales Recht mißachtet, werden Exporte militärisch abgesichert, Rohstoffe erobert und Kapitalanlagen gesichert. Hier verschmelzen fanatischer Biedersinn, Kapital und Militär für privates Eigentum.

"Es fällt uns schwer, an eine Änderung des bisherigen Weltgeschehens mit seinem immer wiederkehrenden Kriegslärm zu glauben. Und doch: Utopie ist heute nicht mehr den Krieg zu überwinden, sondern ihn noch weiterhin für eine praktikable Möglichkeit zu halten."
Aus einer Rede von Gustav Heinemann "Nicht der Krieg, der Frieden ist der Ernstfall" von 1964.

Dies ist eine einfache Wahrheit, die schwer zur Geltung zu bringen ist. Der Krieg ist die Fortsetzung der alltäglichen Konkurrenz mit militärischen Mitteln. Wo zwanghaft Mangel erzeugt wird, weil die Verfügung über den Reichtum menschlicher Produktionsmittel in den Händen weniger bleiben soll, sind die Verbleibenden gehalten, sich mit spitzem Ellenbogen um die Brotkrumen zu schlagen. Wo die Gewalt herrscht, soll ein jeder ängstlich unter dem Rockzipfel des vermeintlich Stärksten Schutz suchen.
Der Roheit als Staatsdoktrin entspricht die Roheit des Alltags. Das nicht mitzumachen, ist immer eine positive Entscheidung. Die Aussicht auf Frieden ist Motor der intellektuellen Anstrengung vieler. Der solidarische Gebrauch der Vernunft macht das große und kleine Kriegsgetümmel durchschaubar und schafft Voraussetzungen für friedliche Entwicklung.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Montag, den 9. Januar 2006, http://www.harte--zeiten.de/artikel_323.html