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Frustriert?!

Der Schwarze Mann hat Angst vor dem Fortschritt

"Wir freuen uns über die Entwicklung in den neuen Ländern. Wir wissen, daß das schwierig ist. Und ich weiß, daß natürlich auch Bayern, Baden-Württemberg gerade auch für die neuen Länder enorm in den Finanzausgleich finanzieren. Aber ich akzeptiere es nicht, daß letzten Endes erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das wird nicht mehr sein. Wir leisten jedes Jahr, wir leisten jedes Jahr etwa 120 bis 130 Milliarden Euro Finanzausgleich zur Aufbausituation der neuen Länder. Aber es darf nicht sein, und das ist der Appell auch an alle Vernünftigen - es darf nicht sein, daß letztlich die Frustrierten über das Schicksal Deutschlands bestimmen."
(Edmund Stoiber (CSU) am 4. August 2005.)

"Alle Welt sehnt sich nach Frieden,
Reicht den Völkern eure Hand.
Wenn wir brüderlich uns einen,
Schlagen wir des Volkes Feind!
Laßt das Licht des Friedens scheinen,
Daß nie eine Mutter mehr
|: Ihren Sohn beweint. :|"

(Aus der Nationalhymne der DDR)

Die Gefährdung einer CDU/CSU/FDP-Regierung durch abweichendes Wahlverhalten der "frustrierten" Bundesbürger (Ost) erschüttert das Weltbild des bayrischen Stammtischathleten Edmund Stoiber. Sollten etwa Wahlen seiner Lobbypolitik für Atom- und Rüstungsindustrie das Finish vermiesen? Sollten nicht die "Sieger" der Systemkonkurrenz zwischen Kapitalismus und Sozialismus auf ewig gewinnen? Da hilft nur Hetzte: Wer nicht "leistet", nicht die Profite mehrt, ist nicht wert. Es lebe das Ressentiment, auf daß der Untertan (Südwest) auch diese Schlacht gegen die "Brüder und Schwestern" noch mitgehe.

Wir erinnern uns: 1990 hat der kapitalistische Westen den sozialistischen Osten Deutschlands erworben: Eine Deutsche Mark (ach!) - und Grundeigentum und Betriebe wanderten "treuhänderisch" von Allgemeinbesitz in die Hände westlicher "Investoren". Produktive Unternehmungen wurden profitabel platt gemacht, Steuervergünstigungen und Subventionen zu Lasten der Sozialkassen dabei eingesteckt und ein neuer Markt erschlossen. Hier hat das Kapital sich noch einmal kurzfristig gesundgestoßen. Nicht nur im Osten sind die Folgen: Arbeitslosigkeit von 30 Prozent und mehr, Dumpinglöhne, teuerer Wohnraum, Zerstörung von Infrastruktur und öffentlichen Einrichtungen der Gesundheit, Bildung und Kultur.

Der Versuch nach 1945 auch auf deutschem Boden mit Denazifizierung, Demilitarisierung, Demonopolisierung und Demokratisierung weitreichende positive Schlußfolgerungen aus Faschismus und Weltkrieg zu ziehen, wird nicht dadurch falsch, daß er vorerst an der Restauration West gescheitert ist. Friedenswirtschaft statt Kriegsproduktion, internationale Solidarität statt globale Konkurrenz, Gesundheits- statt Krankenversorgung, sinnvolle Arbeit, emanzipative Bildung und Kultur für alle, demokratische Partizipation allerorten und die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit sind notwendiger denn je der weltweiten Ausweitung der Ausbeutung von Menschen, Märkten und Rohstoffen entgegenzusetzen. Höchst frustrierend für einen populistischen Schreihals wie Stoiber, wenn diese Einsicht verbreitet wird.

V.i.S.d.P.: Niels Kreller, Schützenstr. 57, 22761 Hamburg.
Herausgegeben von: harte zeiten - junge sozialisten & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg.
Veröffentlicht am Freitag, den 12. August 2005, http://www.harte--zeiten.de/artikel_307.html