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Solidarität = Solidität + Perspektive!

,,Alle Industrien, die an einem Krieg, an der Unordnung, der wilden Anarchie zwischen den Staaten interessiert sind, malen den schwarzen Mann, den Bubu, die rote Gefahr aus Moskau an die Wand.“
Kurt Tucholsky, ,,Das nervöse Paris“, 1924.

Herr Köhler (Bundespräsident) predigt Zuversicht - Michel (,,Volk“), trau' ihm nicht.

Wenn das nackte und häßliche Verwertungsinteresse sich überall breit macht oder überall feist grinsend hingesetzt werden soll, entsteht unweigerlich Unruhe auf beiden Seiten des gesellschaftlichen Seins: einerseits die leicht fiebrige Erwartung gesteigerter Rendite, andererseits die vielfache Verunsicherung der persönlichen sozialen Sicherheit. Der Alltag wird ungeordneter und hektischer, die Aussichten trüben sich, die Mitmenschen werden gleichgültig oder zur Bedrohung. Man wurschtelt sich so durch. Wirklich?

Wenn die allgemeine Vernunft, die gesellschaftliche Wohlfahrt, die demokratische Beteiligung, das menschliche Miteinander, der mögliche Sinn der Arbeit, die kultivierte Muße, die Verantwortung für nebenan und später, das Zählen von eins bis drei, dem shareholder value, der sozialen Not, der partizipatorischen Bescheidenheit, dem alltäglichen Hauen und Stechen, der freudlosen Arbeitshetze, der umfassenden Betäubung, der Gleichgültigkeit und dem bewußtlosen Haften an dem Moment geopfert werden sollen, dann, ja dann: ist es hohe Zeit, innezuhalten und gemeinsam zu widerstehen.

Hier hilft die gute alte Tante Solidarität. Erst einmal ist stehenzubleiben. Zweitens mag man sich bedacht umschauen und erkennen, daß mensch nicht allein einer problematischen Lage ,,ausgesetzt“ ist. Dann die gemeinsame Lage als gemeinsame Angelegenheit zu erkennen, die Kritik an den zunehmenden Einschränkungen zu entwickeln, sich zu diesem Zwecke zu assoziieren, andere von diesem Sinn zu überzeugen, begründete Forderungen für die Verbesserung der allgemeinen wie eigenen Bedingungen aufzustellen, zu verbreiten und so materiell wirksam zu machen - das gibt eine solide Grundlage für die Bewältigung des Alltags sowie eine klare Aussicht für den übergreifenden Sinn des persönlichen Handelns. Echter Humor wird entwickelt. Das kann ansteckend sein. Solidarität = Solidität + Perspektive.

Die kooperative kritische Lebensweise ist die beste Grundlage für eine persönlich realisierte, gesellschaftlich aussichtsreiche Entwicklung und die Alternative zum Krieg aller gegen alle. An jedem Ort. Zu jeder Zeit. Für die Mehrheit der Gehetzten. Das ist gediegen.

V.i.S.d.P.: Olaf Walther & Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
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Veröffentlicht am Dienstag, den 6. Juli 2004, http://www.harte--zeiten.de/artikel_263.html