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Kaufen - Verkaufen

Oder Studiengebühren und der Wert wissenschaftlicher Bildung

,,Der Lohnarbeiter als Verkäufer seiner Arbeitskraft muß diese, und darin in gewisser Weise sich selbst, auf dem «Arbeitsmarkt» feilbieten; der Köder, mit welchem er den Kapitalisten zum Kauf verlockt, ist der Gebrauchswert der Arbeitskraft, durch den dem Kapitalisten Mehrwert erzeugt wird. Der Arbeiter, indem er seine Arbeitskraft an den Kapitalisten verkauft, gibt damit die Bestimmung über seine Arbeit an diesen ab. Der Arbeiter wird vom Kapitalisten gemäß dessen Zwecken angewendet.“
Klaus Holzkamp, ,,Sinnliche Erkenntnis“, Historischer Ursprung und gesellschaftliche Funktion der Wahrnehmung, Frankfurt a.M., 1973.

Das comming out des Präsidenten: ,,Die Statistik ist bereinigt worden - und das ist gut so.“ Mit diesen Worten kommentiert Uni-Präsident Jürgen Lüthje im Hamburger Abendblatt die 1300 Exmatrikulationen aufgrund von wahrscheinlichen Studiengebühren. Die Universität sei keine ,,Sozialstation“. Der Präsident übt sich in dem für den CDU-Senat typischen kühlen Technokratismus, mit dem die vollständige Unterwerfung von Menschen, öffentlichen Einrichtungen und gesellschaftlichem Leben unter die Interessen der Wirtschaft durchgesetzt werden soll.

Präsident beugt sich - Senator freut sich.

Als ,,Schmarotzer“ und ,,Leistungsverweigerer“ werden jene denunziert, die sich nicht willig den Normalanforderungen einer Gesellschaft fügen, deren Reichtum auf der Ausbeutung der Mehrheit durch eine Minderheit beruht; dies soll alle von einer nicht-konformen Lebensweise abschrecken. Verleumdung und sozialer Druck sollen die Zustimmung zu Studiengebühren erzwingen. Sie sind ein entscheidendes Mittel der Ökonomisierung und Entdemokratisierung der Hochschulen.

Denn: Studiengebühren machen Bildung zur Ware. Studierende, als künftige Lohnabhängige, sollen gezwungen werden, Bildung zu kaufen und so in ihr ,,Humankapital“ (Bertelsmann-Sprech) zu investieren. Schließlich steige so ihr Wert auf dem ,,Arbeitsmarkt“. Die gesellschaftliche Notwendigkeit und Nützlichkeit massenhafter wissenschaftlicher Bildung wird verleugnet und ersetzt durch das scheinbar vernünftige, individuelle Interesse der Menschen an der Erhöhung des eigenen Marktwertes. Der unter den Bedingungen kapitalistischer Produktion erforderliche Verkauf der eigenen Person zum Zwecke des Verdiensterwerbs wird zum zentralen menschlichen Bedürfnis umdefiniert.

Das quasi natürliche Chaos marktförmiger Konkurrenz soll in den Hochschulen wie in allen anderen Bereichen der Gesellschaft das alleinige Gestaltungsprinzip menschlichen Zusammenlebens werden. Die Qualität der Bildung bemesse sich demnach an dem Grad ihrer hektischen, wirtschaftlichen Verwertbarkeit. Die Konkurrenz um knappe Arbeitsplätze soll dazu zwingen, schnellst- und bestmöglich die Erwartungen künftiger ,,Arbeitgeber“ zu erfüllen. Die so bestimmte, angeblich dem freien Willen der Studierenden folgende, Nachfrage soll die nicht verwertungskonformen Fächer und Bildungsinhalte aus dem universitären Alltag beseitigen. Damit gewönne das Interesse der Unternehmen an der profitbringenden Ausbeutung der Menschen vollständig Dominanz über die Bestimmung der Aufgaben und Ziele von Forschung und Lehre. Die wissenschaftlich Tätigen werden zur Ware und zu Händlern sowie Trainern ihrer selbst.

Dagegen muß der freie, gleiche und lebenslange Zugang zu Bildung und Wissenschaft als Voraussetzung einer demokratischen Gesellschaft mündiger, bewußt kooperierender Menschen erstritten werden. Die soziale Offenheit der Bildungsmöglichkeiten und die kooperative (Neu-)Bestimmung der Aufgaben und Ziele von Forschung und Lehre sind notwendige Voraussetzungen, wissenschaftliche Bildung für eine sozial verantwortliche, bewußte und kooperative Lebensweise aller zu ermöglichen. Sie ist auf die stetige Verbesserung der Lebensbedingungen aller gerichtet. Nur so ist die Unterordnung der Menschen unter Marktprinzip, Profitdominanz und Konkurrenz als herrschende Bezugnahme zwischen den Menschen zu überwinden.

Konzerne, Kapitalverbände und ihre neoliberalen Funktionäre in Wissenschaft, Politik und Kultur wollen die Hochschulen mittels Studiengebühren zu Institutionen der Unterwerfung der Mehrheit der Menschen machen. Dagegen sind täglich Forschung, Lehre, Studium und Selbstverwaltung durch Kritik, Vernunft, Aufklärung und demokratische Kooperation zu verteidigen. Die studentischen Proteste des letzen Semesters, das Engagement vieler Universitätsmitarbeiter, den bereits zu Gebühren Verpflichteten eine Fortsetzung des Studiums zu ermöglichen, und die Diskussionen und Beschlüsse von Akademischem Senat und ALSt, können hier Beispiel geben und ausgebaut werden.

Der Weg aus der Unmündigkeit ist mit geradem Rücken zu beschreiten.

Der Mensch ist aufrecht.

Donnerstag, den 6. Mai 2004
12 Uhr: Uniweite Vollversammlung, im Audimax I, VMP 4
14 Uhr: Sitzung des Akademischen Senats, im Hauptgebäude, ESA 1

V.i.S.d.P.: Olaf Walther & Golnar Sepehrnia, c/o Studierendenparlament, VMP 5, 20146 Hamburg.
Herausgegeben von: juso-hochschulgruppe & fachschaftsaktive an der Universität Hamburg
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Veröffentlicht am Dienstag, den 6. April 2004, http://www.harte--zeiten.de/artikel_254.html